Europa statt Russland? Woher wir in Zukunft unsere Energie importieren
Schon heute verbraucht Deutschland viel Wasserstoff, etwa um Stahl und Chemikalien herzustellen. Bisher wird dabei viel CO2 frei. Können uns unsere europäischen Nachbarn mit ausreichend grünem Wasserstoff versorgen, um unsere Klimaziele zu erreichen?
Das Ziel meiner Reise liegt etwas versteckt am Ende einer kleinen Landstraße. Wie ein streng bewachter Militärstützpunkt befindet es sich fernab von Siedlungen im Hinterland, zwischen Fetzen von Nadelwäldern, hinter Wiesen und Feldern. Ein großes Tor unterbricht den Zaun, der das weitläufige Gelände umkreist, und signalisiert: Ich bin da, im Bioenergiepark Saerbeck. Windräder, Biogasanlagen und Solarparks erzeugen hier nicht nur Energie, sondern auch gute Renditen für die Bewohner:innen der kleinen westfälischen Gemeinde.
Genau hier, an diesem unscheinbaren Ort, wird eine echte Weltneuheit gefeiert. Eine Weltneuheit, die zwar nur jenen Menschen, die tief in der Materie stecken, als besonders spektakulär erscheinen dürfte – und die doch ein kleiner, aber wichtiger Baustein einer sehr viel größeren Zeitenwende ist.
Das noch junge Unternehmen Enapter stellt an diesem Tag den ersten Megawatt-AEM-Elektrolyseur der Welt vor. Ein Gerät, das mit
Sie zeigen, dass es möglich ist, auch in Nordrhein-Westfalen aus erneuerbaren Energien ausreichend Wasserstoff erzeugen zu können und den Eigenanteil zu liefern, den wir liefern können.
Grüner Wasserstoff: das »neue Öl«, made in Germany. Das wird mit Unternehmen wie Enapter Tag für Tag mehr Realität. Doch die Realität ist auch: Deutschlands Industrie verbraucht längst deutlich mehr Wasserstoff, als ihn Enapter oder irgendein anderes Unternehmen auf absehbare Zeit hierzulande klimaneutral produzieren können wird. Stattdessen wird der Großteil des heute verbrauchten Wasserstoffs noch aus fossilen Rohstoffen gewonnen – und hat eine miserable Klimabilanz.
Welche Rolle Wasserstoff in Deutschland spielen kann und wovon das abhängt, liest du im ersten Beitrag zur künftigen Wasserstoffwirtschaft:
Deshalb ist klar: Wenn grüner Wasserstoff künftig ein bedeutendes Puzzlestück für saubere Energieversorgung sein soll, muss ein großer Teil davon aus dem Ausland kommen. Woher genau – darum geht es in diesem und dem nächsten Teil der Reihe.
Zunächst richten wir den Blick auf Deutschland und Europa. Im dritten und letzten Teil wird es dann um die Vision einer weltumspannenden Wasserstoffwirtschaft gehen, wie wir sie heute mit Öl und fossilen Brennstoffen kennen.
Mit Illustrationen von Claudia Wieczorek für Perspective Daily