Hör endlich auf, die große Liebe zu suchen!
Wir sollten romantische Liebe weniger wichtig nehmen, meint die Soziologin Andrea Newerla – und stattdessen auf andere Beziehungen bauen, wenn wir im Alter nicht allein sein wollen.
Eine zufällige Begegnung. Der Kuss, der alles verändert, gefolgt vom Kribbeln im Bauch und den ganz großen Gefühlen. Nach einigen Hindernissen schließlich das Happy End: das gemeinsame Glück, am besten, bis dass der Tod sie scheidet.
Geschichten von der romantischen Liebe begegnen uns ständig, ob auf der Kinoleinwand, in Romanen oder im Radio. Das führt dazu, dass wir ihr mehr Aufmerksamkeit schenken, als sie vielleicht verdient, meint die Soziologin Andrea Newerla. Sie hat ein Buch über
Nicht nur, um uns vom individuellen Druck zu befreien. Viel mehr auch mit Blick auf die Frage, wie wir uns in Zukunft umeinander kümmern wollen – in einer Gesellschaft, die immer älter wird, in der romantische Bindungen aber immer seltener bis zum Lebensende halten.
Die Person

Andrea Newerla ist promovierte Soziologin und forschte zuletzt als Senior Scientist an der Paris Lodron Universität Salzburg zu Intimitäten, Onlinedating und Beziehungsmustern jenseits heteronormativer Standards.
Bildquelle: Roger BuerEs wird unterstellt, als Single könne man nicht glücklich sein, man sei beziehungsunfähig. Man hört Sätze wie »Du musst dich nur mehr anstrengen!«. Dabei wird eher nicht darauf geachtet, ob eine Person andere wertvolle Beziehungen führt. Vielleicht führt sie keine romantische Liebesbeziehung, aber ist dafür in freundschaftszentrierte Kontexte eingebunden, sodass sie sich nicht allein fühlt und der Begriff des Singles sogar der falsche ist. Außerdem spricht die Empirie gegen die Romantik als Sehnsuchtsort.
Und trotzdem fühlen sich viele Menschen falsch oder unfähig, wenn sie nicht in romantischen Liebesbeziehungen sind, weil mal wieder eine gescheitert ist oder weil sie merken, sie wollen das nicht mehr: von einer Beziehung in die nächste rutschen. Entscheiden sie sich für einen anderen Weg, werden sie als »anders«, als beziehungsunfähig markiert. Man rät ihnen, an sich zu arbeiten.
Titelbild: Roger Buer - copyright