So bekommt dein Darm noch mehr Charme
In deinem Körper leben 100 Billionen Untermieter. Diese Bakterien beeinflussen, wie wohl du dich fühlst und ob du gesund bleibst. Wie sie das machen und wie du sie dabei unterstützt.
Um die Frage »Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?« zu beantworten, muss man nicht unbedingt ein Philosoph sein. Denn es gibt eine recht klare Antwort.
Sie lautet: Du bist ziemlich viele. »Du« bist nämlich ein Holobiont. Das ist eine komplexe Lebensgemeinschaft aus Billionen von Bakterien, Viren und Pilzen, deren Wechselspiel unsere Gesundheit und Krankheiten auf vielfältige Weise beeinflusst.
Besonders die Bakterien in uns haben es in sich.
Unsere Gene sind zu 99,9% identisch, die Bakterien in uns nur zu 10%
Welche das sind, die da unseren Verdauungstrakt bevölkern, und was sie dort genau tun, wird seit einigen Jahren immer besser erforscht. Dabei kristallisiert sich heraus: Ihre Zusammensetzung hat Auswirkungen auf unser Gewicht, unsere psychische Gesundheit und die Wahrscheinlichkeit für Allergien, Asthma und Autoimmunerkrankungen wie Rheuma und Diabetes.
Nur: Wie groß ist ihr Einfluss auf uns wirklich? Und umgekehrt unsere Einflussmöglichkeiten auf sie?
Unsere Bakterien und wir
Man kann sagen: Wir sind mehr Bakterie als Mensch. Um genauer zu sein schätzungsweise 100 Billionen (100.000.000.000.000) von ihnen.
Einige von ihnen leben auf deiner Haut und bieten eine Art lebendige Schutzschicht gegen Parasiten und Keime aus der Umwelt. Manch Plagegeist ziehen sie jedoch auch an: Es ist nämlich keine Einbildung, dass manche Menschen häufiger und andere seltener von Mücken gestochen werden. Vielmehr hängt das mit der unterschiedlich hohen Konzentration von Geruchsstoffen ab, die beim Stoffwechsel der Bakterien auf deiner Haut entstehen und
Noch lieber als deine Körperoberfläche mögen deine Bakterien dunkle, warme und feuchte Orte wie Achselhöhlen (hier sind sie für Geruch verantwortlich, den nicht nur Mücken riechen), Mund und Vagina.
Doch ihr eigentlicher Lieblingsort ist dein Verdauungstrakt. Warum sonst sollten hier 95% unserer 100 Billionen Mitbewohner ihren Hauptwohnsitz haben? Dank Initiativen wie dem
Allerdings ist die Kombination der verschiedenen Bakterienstämme so individuell unterschiedlich, wie wir Menschen es voneinander sind. Von diesen Faktoren hängt sie ab:
- Was wir essen.
- Wo wir leben.
- Von welchen anderen Lebewesen wir umgeben sind.
- Wen oder was wir berühren.
- Und sogar die Art, wie wir geboren und ob wir gestillt wurden.
Niemand von uns war bereits vor der Geburt mit allen nützlichen Bakterien ausgestattet, ohne die wir später nicht leben könnten. Wo sollten sie auch herkommen?
Statt mit Billionen von ihnen starten wir quasi bei null – bis wir das Licht der Welt erblicken. Bereits hier bekommen wir eine Bakterien-Erstausstattung aus der Vagina der Mutter mit auf den Weg, und diese findet als erste ihren Weg in unseren Darm.
Diese Bifidobakterien ernähren sich von einem bestimmten Stoff in der Muttermilch, der für uns Menschen unverdaulich ist. Dieser ist einzig für die Bifidobakterien bestimmt, die dem Neugeborenen im Gegenzug für ihr Futter Energie spenden und fortan als Sparringspartner für sein Immunsystem dienen.
Mit Illustrationen von Frauke Berger für Perspective Daily