Radikal emotional: Warum alle immer gleich auf 180 sind
Bei Lanz kracht es, im Bundestag kochen die Gemüter hoch. Völlig normal, sagt unsere Gründerin Maren Urner. In ihrem neuen Buch erklärt sie, warum es bei Politik immer auch um Gefühle geht – und wie uns diese Erkenntnis dabei helfen kann, lösungsorientiert zu handeln.
Es ist vielleicht die persönlichste und unpersönlichste Frage zugleich. Vielleicht ist es auch gleichermaßen die einfachste und schwierigste Frage. Wahrscheinlich ist es sogar die am häufigsten gestellte Frage der Welt. Die Frage, die wir in der ersten Lektion einer jeden Fremdsprache lernen.
Eine Frage, die uns schnell über die Lippen – oder die Tasten – geht. Obwohl sie so vermeintlich einfach daherkommt, kann sie niemand wirklich vollumfänglich beantworten. Selbst wenn wir wollten und alle Kraft in die Beantwortung investieren würden. Wenn wir keine Kosten und Mühen scheuen würden, um der richtigen Antwort auf die Schliche zu kommen. Es ist die Frage, die ich schon ungezählte Male meinen Gegenübern gestellt habe und mindestens genauso häufig selbst gefragt wurde. Und nun weiß ich nicht mehr, ob ich sie mag oder sie mir gewaltig auf die Nerven geht. Weil diese Frage so unscheinbar daherkommt, aber eigentlich eine Tiefe der Auseinandersetzung verlangt, für die wir doch längst alle keine Zeit mehr haben. Mal abgesehen davon, dass es mir schwerfällt, einzuschätzen, ob meine Antwort eigentlich irgendjemanden ernsthaft interessiert.
Selbst wenn das der Fall sein sollte, frage ich mich, ob die Fragenden die Antwort aushalten würden. Ob sie es aushalten würden, wenn ich ihnen so richtig ehrlich antworten würde. Ungeschönt und ungebremst, mal laut, dann ganz leise. Lachen, Tränen und Schluchzen. Alles wäre dabei. Aus vollem Hirn und mit voller Wucht. Wörter, Gesten und Mimik. Und bei all diesen Äußerungen wüsste ich trotzdem nicht, ob ich der Frage aller Fragen gerecht werden würde.
Titelbild: Luke Jones - CC0 1.0