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Interview 

»Mir war klar: Ich möchte nicht wie Martin Sonneborn enden«

Vor 5 Jahren ging die Kleinpartei Volt an den Start, um die europäische Demokratie zu revolutionieren. Damian Boeselager schaffte den Sprung ins EU-Parlament. Was hat er dort gelernt?

6. Juni 2024  –  10 Minuten
Artikel anhören Gelesen von Michael Reulecke,
Désiree Schneider

Am 6.–9. Juni wählen Zahlen und Fakten zur Wahl bei der Bundeswahlleiterinrund 350 Millionen Wahlberechtigte das neue EU-Parlament. Im Wahlkampf geht es dennoch mehr um nationale Einzelinteressen als um die gemeinsame europäische Zukunft. Auf diese hat sich die – nach eigenen Aussagen – »erste wirklich europäische Partei« Volt spezialisiert. Für sie gilt »Europa first«. Mit einem Die deutsche Kurzfassung des Programms findest du hier (PDF)gemeinsamen Programm gehen Kandidat:innen in 15 Ländern ins Rennen um einen Sitz im Parlament.

Damian Boeselager hat den Sprung bereits geschafft und tritt in Deutschland erneut als Spitzenkandidat an. Im Interview erzählt er, was er als Politik-Quereinsteiger in Brüssel gelernt hat, wie konstruktive Arbeit möglich ist – und warum er nicht wie Martin Sonneborn enden will.

Katharina Wiegmann: Was hat dich als neu gewählter Abgeordneter im Europaparlament am meisten überrascht?
Damian Boeselager: Was mich am meisten überrascht hat, nachdem ich die Abläufe im Parlament durchblickt hatte, ist, wie viel man als einzelner Abgeordneter tatsächlich verändern kann.
Hast du diesbezüglich einen politischen Lieblingsmoment aus den letzten 5 Jahren?
Damian Boeselager: Ein Erfolg war, dass wir es geschafft haben, die europäische Mehr Informationen über die EU-Wahlrechtsreform liefert die Landeszentrale für politische Bildung Baden-WürttembergWahlrechtsreform mit der Zweitstimme für europäische Parteien durch das Parlament zu bringen. Das war ein Moment, in dem ich mich krass gefreut habe. Aber das hängt jetzt leider noch bei den 27 Minister:innen fest.

Damian Boeselager

Damian Boeselager ist Mitgründer von Volt Europa und seit 2019 Abgeordneter im Europäischen Parlament. Vor seiner Zeit als Politiker war er als Unternehmensberater tätig.

Bildquelle: Marcus Reichmann
Ein zweiter Moment, an den ich mich gerne erinnere, ist das Ende der Verhandlungen zum Corona-Wiederaufbaufonds.Der Corona-Wiederaufbaufonds ist mit einem Umfang von rund 800 Milliarden Euro das größte Konjunkturpaket, das je aus dem EU-Haushalt finanziert wurde. Die Mittel werden in Form von Zuschüssen und Krediten vergeben; erstmals hat die Kommission dafür gemeinsame Schulden aufgenommen, für die die Mitgliedstaaten auch gemeinsam haften. Ziel des Fonds ist es, die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Pandemie zu mildern und die Erholung der Wirtschaft in den Mitgliedstaaten zu unterstützen. Ein besonderer Fokus liegt auf der grünen und der digitalen Transformation. Im Februar 2024 teilte die EU-Kommission mit, bislang knapp 225 Milliarden Euro an die Mitgliedstaaten ausgezahlt zu haben. Das ist das größte EU-Programm aller Zeiten, bei dem ich als Politikneuling mitverhandeln konnte.

Als wir damit durch waren, haben wir bei dem einzigen geöffneten Restaurant Sushi und Bier geholt. Und dann saßen wir in diesem schmucklosen Raum, alle 3 Meter voneinander entfernt, und haben gefeiert, indem wir uns irgendwie durch unsere Masken Sushi reingeschoben haben. Das war schon ein sehr witziger, auch historischer Moment, in dem ich mir dachte: »Krass, wir haben hier gerade über mehrere Wochen die ganze Nacht durchverhandelt, um irgendwie hinzubekommen, dass Europa auch in dieser Krise zusammensteht. Jetzt haben wir es geschafft, aber wahrscheinlich kriegt es kaum jemand mit.«
Wie war es für dich überhaupt möglich, als einzelner Abgeordneter für Volt Politik zu gestalten?
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