2 sture Männer sparen unsere Zukunft kaputt. Damit muss Schluss sein
Die Ampel streitet schon wieder über die Schuldenbremse. Dabei sind sich Ökonomen, Wirtschaft und Bevölkerung längst einig: Deutschland und Europa brauchen mutige Politik und Investitionen in die Zukunft – statt eines unsinnigen Spardiktats.
Kaum jemand bemerkt es: Die Ampelkoalition steht möglicherweise vor ihrem Endspiel.
Die durch die Schuldenbremse selbst auferlegten Sparzwänge drohen die Regierung vorzeitig zu sprengen. Den Koalitionären bleiben noch 2 Wochen Zeit, um einen Haushalt für das kommende Jahr zu verabschieden. Am 3. Juli findet die letzte Kabinettssitzung statt. Dann ist Sommerpause, zumindest für die Politik. Momentan sieht es nicht so aus, als könnte ein Kompromiss gelingen.
Derzeit haben sich die 3 mächtigsten Politiker des Landes – Olaf Scholz, Christian Lindner und Robert Habeck – im Kanzleramt verbarrikadiert, um auszuloten, ob sie sich trotz aller Differenzen ein weiteres Mal einigen können. Denn um auch im Jahr 2025 Politik zu machen, brauchen die Ministerien Geld – Geld, das verfügbar wäre, wenn sich 2 Männer nicht wieder und wieder querstellen würden.
Das Kernproblem: Christian Lindner und Olaf Scholz beharren entgegen diverser Expert:innen im Land, entgegen einer Mehrheit in der Bevölkerung und entgegen dem gesunden Menschenverstand auf der Schuldenbremse. Damit riskieren sie die Zukunft Deutschlands und Europas. Wofür das Ganze? Für einen fetischhaften Glaubenssatz, der immer weniger Anhänger:innen findet.
Gleich mehrere Ministerien möchten künftig mehr Geld ausgeben, als Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Kanzler Olaf Scholz (SPD) bereitstellen wollen. Vor allem Lindner tut weiterhin so, als sei ein strammer Sparkurs alternativlos. Doch das stimmt nicht. Es liegen mindestens 3 weitere Optionen auf dem Tisch, um genügend Geld locker zu machen:
- Höhere Steuern für Reiche. Will er nicht.
- Die Schuldenbremse reformieren oder zumindest aussetzen, und Geld für Investitionen leihen. Das will Lindner bekanntlich schon gar nicht, ebenso wenig wie Scholz.
- Finanzielle Kniffe anwenden,
Was bleibt: Aller Voraussicht nach Stillstand und weitere Einschnitte in den öffentlichen Haushalt, die uns alle auf die ein oder andere Weise treffen werden. Es sei denn, es ereignet sich ein Wunder in der besagten 3er-Runde – denn dort steht es 2 gegen 1. Auch wenn Wirtschaftsminister Robert Habeck von einem »wuchtigen« und »kurzfristigen« Entlastungsprogramm für die Wirtschaft träumt, steht er auf verlorenem Posten. Denn auch der sozialdemokratische Kanzler beugt sich dem Diktat der Schuldenbremse –
Um es auf den Punkt zu bringen: Es sind diese 2 Männer, die hier die Zukunft von über 84 Millionen Menschen in Geiselhaft nehmen. Weil sie zu stur sind, ihre neoliberale Agenda über Bord zu werfen. Dabei hat ihr Sparkurs weitreichende Konsequenzen.
Es läuft nicht – und Scholz und Lindner setzen alles daran, dass das so bleibt
Unterschiedlichen Schätzungen zufolge fehlen der Regierung für ihre Pläne für das Jahr 2025 zwischen 25 und 50 Milliarden Euro. Allein um die Folgen der Flut im Ahrtal zu bewältigen, fehlen im von Lindner geplanten Haushaltsentwurf 13 Milliarden Euro. Darüber hinaus haben vor allem die Ministerien für Arbeit und Soziales, Verteidigung und Inneres weitere Milliarden an Extrabedarf angemeldet,
Schon bei Amtsantritt der Regierung im Dezember 2021 war die Lage alles andere als rosig: Die Welt steckte noch in der Coronapandemie, kurz darauf folgte der russische Überfall auf die Ukraine. Die Folgen: Inflation und wirtschaftliche Stagnation. Doch anders als etwa in den USA, wo Joe Biden die Wirtschaft mit einem beherzten Konjunkturprogramm zum Brummen gebracht hat, spart sich Deutschland ohne Not selbst kaputt. Das Ausland blickt kopfschüttelnd auf die deutsche Lethargie und fragt sich,
Dabei ist der öffentliche Investitionsstau, der schon seit Jahren und Jahrzehnten Schulen, Kitas, Straßen, Brücken und
Zwar erholt sich die deutsche Wirtschaft zuletzt ein wenig – aber nur minimal, »weder Konsum noch Industrie, Außenhandel oder Investitionen laufen rund«,
Da, wo ich herkomme, sagt man dazu auf gut Deutsch: Die Ka*** ist am Dampfen. Und zwar gehörig.
Und was bieten die politisch Verantwortlichen, allen voran Scholz und Lindner, uns an? Kapitulation.
Es ist einsam geworden um die Jünger der Schuldenbremse
Während andere Länder wie die USA längst erkannt haben, dass der Staat jetzt investieren muss, um die Konjunktur anzukurbeln und Infrastruktur und Wirtschaft zu transformieren, sitzen Scholz und Lindner auf ihrem Sparschwein – wie die sprichwörtliche schwäbische Hausfrau. Auch sie kann nur das ausgeben, was sie vorher beiseitegelegt hat.
Doch im Falle unseres Staatshaushaltes geht es nicht etwa um die Anschaffung eines neuen Grills, den man vielleicht gar nicht braucht, weil es der alte noch tut. Nein, es geht um die Zukunft unseres Landes. Dass ein Staat im Übrigen ganz anders funktioniert als ein Sparschwein,
Die Schuldenbremse über Bord zu werfen und stattdessen in die Zukunft zu investieren, ist, ganz nebenbei gesagt, auch der Wunsch der Mehrheit der deutschen Bevölkerung. Das zeigt eine repräsentative Umfrage aus dem April 2024 im Auftrag der Bertelsmann Stiftung:
Sogar die EU-Kommission kritisiert aktuell die Bundesregierung und schreibt: »Die Haushaltskonsolidierung dürfte die Inlandsnachfrage belasten und die öffentlichen Investitionen potenziell erschweren.« Dabei sei der Investitionsbedarf in den vergangenen Jahren gestiegen. Zwar habe die Regierung einige Maßnahmen zur Förderung von Investitionen ergriffen.
Wem das noch immer nicht reicht, dem sei gesagt: Die Schuldenbremse aufzuweichen ist längst kein Wunsch der Linken, die ja angeblich immer gerne viel ausgibt, ohne dafür zu sorgen, dass auch wieder Geld reinkommt. Nein: Selbst einige arbeitgebernahe Forschungsinstitute und Interessenverbände, führende Ökonom:innen wie die sogenannten Wirtschaftsweisen und die wirtschaftsliberale Presse wie das Handelsblatt sprechen sich inzwischen dafür aus, den ruinösen Sparkurs endlich zu verlassen.
»Ganz schön viele Geisterfahrer hier«, scheinen sich Lindner und Scholz zu denken, während sie falschherum auf ihrer maroden Autobahn fahren.
3 Gründe, warum die Sparpolitik wirtschaftlicher Selbstmord ist
Die katastrophalen Folgen der deutschen Geisterfahrt manifestieren sich derweil in unserem Land. Die 3 wichtigsten:
- Verschenktes Potenzial und dauerhafte Stagnation: Bereits der Haushalt für dieses Jahr bremse nachweislich die Wirtschaft, schreibt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)
Dies ist einmal mehr ein Beleg, dass die Schuldenbremse zu einem erheblichen wirtschaftlichen Problem für Deutschland geworden ist. Dabei hätte die Bundesregierung mit dem Krieg in der Ukraine eine mehr als legitime Begründung für eine wirtschaftliche Notlage, die eine Ausnahme von der Schuldenbremse rechtfertigen würde.
Wie es bereits in der Kritik der EU-Kommission anklang, bedroht der Sparkurs nicht nur Deutschland, sondern die Konjunktur in ganz Europa. Geht die Konjunktur hierzulande am Stock, lahmt der Rest bald mit. - Dauerhafter Verlust von Wettbewerbsfähigkeit: Die USA investieren aktuell im Rahmen eines nahezu billionenschweren (!) Investitionspakets ins eigene Land: Klimaschutz, Straßen, Brücken, Schienen, neue Fabriken zur Mikrochipproduktion. Die Regierung von Präsident Biden hat ein großes Fass aufgemacht, um das Land zu transformieren, und kurbelt dabei die heimische Wirtschaft gehörig an.
Angesichts dieser Investitionsoffensive drohen hiesige Unternehmen abzuwandern, da sie auf der anderen Seite des Atlantiks bald bessere Bedingungen vorfinden könnten. So etwa der in Deutschland ansässige Solarmodulhersteller Meyer Burger,
Die EU hat die Gefahr für die europäische Wirtschaft angeblich bereits Anfang 2023 erkannt – hadert jedoch mit den selbstauferlegten Schuldenregeln, zu deren größten Befürwortern – 3-mal darf man raten – - Das Spardiktat spaltet die Gesellschaft und stärkt Rechtspopulist:innen: Die skizzierte Entwicklung gefährdet nicht nur Arbeitsplätze und Existenzen, sondern ist ganz generell Gift für den sozialen Frieden.
Konfrontiert mit diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen, antwortet er zuletzt im postfaktischen Stil eines Donald Trump: »An diese Studien glaube ich nicht.« Ende der Durchsage. Es gäbe auch Studien, die anderes sagen.
Eine gewagte Haltung, wo sich zuletzt noch viele die Augen gerieben haben, nachdem die AfD trotz diverser Skandale und den größten öffentlichen Protesten seit Jahrzehnten knapp 16% der Stimmen bei der Europawahl geholt hat.
Lethargie und Stillstand oder mutiger Kurs in Richtung Zukunft?
All das zeigt: Wir dürfen nicht länger dabei zusehen, wie eine kleine Gruppe von politisch Verantwortlichen fortlaufend die Realität leugnet. Dies gelingt ihnen nur, weil sich weite Teile von Medien und Öffentlichkeit immer wieder von den gleichen Nebelkerzen blenden lassen. Da geht es erneut um angebliche Bürgergeldschmarotzer und »Totalverweigerer« – wobei diejenigen, die tatsächlich ihre Arbeit verweigern, gerade im Kanzleramt zusammensitzen.
Die Beträge, um die es bei diesen Scheindebatten geht, sind himmelweit davon entfernt, was es braucht, um dieses Land fit für die Zukunft zu machen. Natürlich kann und muss politisch darüber gestritten werden, was die richtigen Lösungen sind. Dass wir aber dringend Maßnahmen brauchen, liegt auf der Hand.
Es hilft nicht, alle Probleme einfach mit Geld zu bewerfen, bis sie sich hoffentlich in Luft auflösen. Das arbeitnehmernahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung, aber auch das wirtschaftsnahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) forderten daher bereits 2019, dass der Staat jährlich etwa 45 Milliarden Euro zusätzlich über mindestens 10 Jahre investieren sollte.
Auf diese Weise könnte nicht nur der Investitionsstau in den Kommunen aufgelöst,
Kreditfinanzierte Investitionen, die dazu beitragen, Deutschland zu einem klimaneutralen, digitalisierten und forschungsstarken Industriestandort zu machen, sind ökonomisch sinnvoll. Sie würden die Rückführung der Schuldenstandsquote zwar verlangsamen, die Verschuldung würde relativ zur Wirtschaftsleistung aber dennoch stetig sinken, zumal die Zukunftsinvestitionen die Wirtschaftsleistung erhöhen und somit die Schuldentragfähigkeit günstig beeinflussen.
Die Forschenden empfehlen daher, die Schuldenbremse zu modifizieren und eine »Goldene Regel« einzuführen, die Investitionen bis zu einer bestimmten Höhe von der Neuverschuldungsbegrenzung ausnimmt.
Die Zeit des Sparens muss enden – jetzt ist die Zeit des Handelns gekommen.
Titelbild: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld - copyright