Verspätungen, Preiserhöhungen, Fahrplanchaos – Wir schimpfen auf die Falschen
Bahn-Bashing ist Volkssport. Dabei richtet sich die berechtigte Wut der Fahrgäste meist auf diejenigen, die den Laden gerade so am Laufen halten. Höchste Zeit, sich zu empören – aber richtig!
Mit Koffer, Kinderwagen und quengelndem 3-Jährigen stehen wir da, in der Kälte von Gleis 3. Die Menschentraube um uns wächst, Wochenendverkehr. Abwechselnd blicken meine Frau und ich bangend auf Anzeigetafel und Bahn-App. Die Ungewissheit nagt an uns: Wird er diesmal kommen? Wechselt das Gleis erneut spontan? Und finden wir mit Kind und Kegel einen Platz?
Wir sind viele, denn die Verbindung eine Stunde zuvor ist mal wieder ausgefallen.
Zeitsprung: Endlich kann der Kleine an unserem Zielbahnhof Oma und Opa in die Arme rennen. Bezahlt haben wir mit 4,5 Stunden äußerst unangenehmer Lebenszeit, für eine Strecke von 150 Kilometern, die mit dem Auto mehr als doppelt so schnell zu schaffen ist.
Ich will ehrlich sein: An Tagen wie diesen hasse ich die Bahn. Ich hasse das Chaos, die Hilflosigkeit, das Ohnmachtsgefühl am Gleis. In diesen Momenten scheint es so, als würden die Verantwortlichen gezielt darauf hinarbeiten, selbst die hartgesottensten Bahnfahrenden zu vergraulen – sie regelrecht zum Umstieg auf das Auto zwingen zu wollen.
Titelbild: Alex Patrick - copyright