Wir haben eine neue Regierung. Und keiner kriegt es mit
Während Trumps Kabinett für Schlagzeilen sorgt, bleibt Europas neue Regierung fast unbeachtet – trotz ihrer direkten Auswirkungen auf uns. Die neuen EU-Kommissar:innen im Steckbrief.
Seit gestern haben wir eine neue Regierung. Sie wird unser aller Leben beeinflussen. Und keiner kriegt es mit. Wir sind alle zu beschäftigt damit, uns um die anstehende Wahl in Deutschland zu sorgen oder uns über Donald Trump und seine Regierungskandidat:innen zu empören.
Wovon ich rede? Von der neuen EU-Kommission, die am 1. Dezember ihre Arbeit aufgenommen hat. Sie schlägt die Gesetze vor, über die das EU-Parlament und der Rat der EU abstimmen, und formt damit maßgeblich den politischen, rechtlichen und sozialen Rahmen mit,
Unter anderem entscheiden die Mitglieder der EU-Kommission darüber:
- Welche Zusatzstoffe in unsere Lebensmittel hineindürfen.
- Wie viel Geld aus der EU zum Beispiel in das Bahnprojekt deiner Stadt fließt.
- Ob du deine Bestellung bei Amazon innerhalb von 14 Tagen zurückschicken kannst und dafür
- Wie viel du für dein Smartphone,
Nach wochenlangen Diskussionen in Brüssel steht nun fest, wer diese Mitglieder, genannt EU-Kommissar:innen, sein werden.
Diese Kommissar:innen sind es, die die nächsten 5 Jahre unseren Alltag mitgestalten werden. Doch in deutschen und internationalen Medien lese ich nur wenig und oberflächlich über sie. Auch in den sozialen Medien stellt sie kaum jemand vor. Stattdessen lassen sich viele bis ins kleinste Detail über die neue Trump-Regierung aus.
Warum nimmt die EU-Kommission so wenig Raum in der medialen, politischen und öffentlichen Debatte Deutschlands und anderer EU-Länder ein? Wo sie doch einen unmittelbareren Einfluss auf uns Europäer:innen hat.
Die EU, das »Bürokratiemonster«
Der Fall zeigt erneut, dass viele Medien gern einer Unterhaltungs- und Skandalisierungslogik folgen. Schlagzeilen wie »Trump nominiert einen Impfgegner als Gesundheitsminister« ziehen mehr Aufmerksamkeit auf sich als ein Bericht über die neue EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas, die unsere Abhängigkeit von China verringern und stattdessen enger mit Lateinamerika kooperieren will.
Doch Medien haben die Pflicht,

Woran liegt das? Viele Menschen nehmen die EU als etwas Fremdes wahr, das weit weg liegt und wenig mit ihrem Alltag zu tun hat. Die wenigsten wissen wirklich, was die Institutionen in Brüssel machen. Das liegt sicher auch an der Natur der Union – bürokratisch, oft kompliziert und schwer durchschaubar. Aber Medien sind mit daran beteiligt.
Hinzu kommt: Nationale Politiker:innen beanspruchen Erfolge gern für sich, bei Fehlern zeigen sie hingegen mit dem Finger auf Brüssel. Es gibt sogar einen Fachbegriff dafür: »EU-Bashing«. Kein Wunder, dass unser Bild von Europa und davon, was seine Institutionen für uns tun, oft verzerrt ist.
Doch genug der Kritik. Wer ist denn nun die neue Regierung Europas?
Weniger Klimaschutz, mehr Industrie und Verteidigung: Was wir von der neuen EU-Kommission erwarten können
Mehr als die
So wird die EU-Kommission gewählt
Jedes EU-Land schlägt in Absprache mit der Kommissionspräsidentin, derzeit Ursula von der Leyen, eine:n Kandidat:in vor. Es gibt also 26 Kommissar:innen (das Land, das die Präsidentin stellt, fällt weg). Von der Leyen verteilt die Aufgabenbereiche (Portfolios) unter den vorgeschlagenen Kommissar:innen. Nach den Anhörungen stimmt das Parlament über die gesamte Kommission ab. Eine absolute Mehrheit ist dafür nötig.
Dies beeinflusst auch die Handlungsfähigkeit der Kommission. Denn sie kann zwar unabhängig Vorschläge für neue Gesetze einbringen, muss aber bedenken, welche überhaupt eine Chance haben, von der nötigen Mehrheit im Parlament abgesegnet zu werden.
Jede:r Kommissar:in ist für einen Aufgabenbereich (Portfolio) zuständig. Darunter fallen Außen- und Sicherheitspolitik oder der Binnenmarkt. Einige Portfolios werden zu jeder Amtszeit besetzt, andere wechseln.
Dies gibt Einsicht darüber, in welche Richtung sich die Kommission bewegen wird. In dieser Amtszeit führte von der Leyen zum Beispiel erstmals einen Kommissar für Verteidigung ein – ein deutliches Zeichen dafür, dass die europäische Verteidigungspolitik künftig eine zentrale Rolle einnehmen wird.
Die umstrittenen Kandidat:innen
Diesmal waren 2 Kandidat:innen besonders umstritten: die Spanierin Teresa Ribera Rodriguez als Wettbewerbskommissarin. Ihr wurde vorgeworfen, für die Flutkatastrophe in Valencia mitverantwortlich zu sein. Und der Italiener Raffaele Fitto von der rechtspopulistischen Partei Giorgia Melonis als Kommissar für Regionalpolitik. Er wird dafür kritisiert, im Rechtsstaatsstreit mit Ungarn auf Viktor Orbáns Seite zu stehen. Am Ende handelte man einen Deal aus: Die Konservativen ließen Rodriguez passieren, die Sozialdemokrat:innen akzeptierten Fitto.
Eine:n Kommissar:in für den
Das zeigt sich auch in den
Zusammengefasst können wir in den nächsten 5 Jahren also eine konservativere und wirtschaftsfreundlichere EU-Politik erwarten: Die Kommission wird auf industriefördernde Maßnahmen setzen, um Europa wettbewerbsfähig zu machen und den Wohlstand für alle EU-Bürger:innen zu gewährleisten. Sicherheit – inklusive Abschottung der Grenzen – und Verteidigung werden eine wichtige Rolle spielen. Der Klimaschutz rückt eher in den Hintergrund.
Das ist unsere neue Regierung: 6 kurze Steckbriefe




























Titelbild: picture alliance/dpa | Philipp von Ditfurth - copyright