Haben wir zu viel Angst vor Hormonen?
Die Pille ist in Verruf geraten, genauso wie die Ersatztherapie für Menschen in den Wechseljahren. Woher die Skepsis kommt und was wirklich ungesund ist.
Meine Geschichte mit der Pille ist eine, die viele Frauen mit Geburtsjahr in den 1990er-Jahren ähnlich erlebt haben.
Mit 16 Jahren ging ich zum ersten Mal zur Gynäkologin mit dem Wunsch nach Verhütung. Ohne Nebenwirkungen zu diskutieren oder zu erwähnen, dass es Alternativen gebe, verschrieb sie mir die Antibabypille. Damals dachte ich mir nicht viel dabei, denn die Pille schien zum Erwachsenwerden einfach dazuzugehören.
Ich war eine zerstreute Teenagerin. Ständig vergaß ich die Tabletten oder nahm sie nicht zur gleichen Uhrzeit, was das Verhütungsmittel viel unsicherer macht.
Außerdem hatte ich – bestärkt durch Medien und mein soziales Umfeld – das Gefühl, dass das Verhütungsmittel allerlei körperliche und mentale Veränderungen auslöste, dass ich »nicht mehr ich selbst« war. Rückblickend waren viele dieser Veränderungen wohl eher meiner Pubertät geschuldet.
Mit Anfang 20 setzte ich die Pille ab. Wütend war ich damals. Wütend darauf, nicht richtig aufgeklärt worden zu sein. Wütend, meinen natürlichen Zyklus jahrelang durch Hormone unterdrückt zu haben. Wütend, dass alle Entscheidungen und Risiken an mir hängenblieben.
Heute bin ich 30 und in meinem Umfeld verhütet kaum noch jemand hormonell. Wer es tut, muss sich regelmäßig Kritik und Fragen dazu anhören.
Die öffentliche Wahrnehmung der Pille hat in den vergangenen Jahrzehnten eine erstaunliche Kehrtwende hingelegt. Das Gleiche gilt für die Hormonersatztherapie für Menschen in den Wechseljahren. Vor 30 Jahren wurden diese Hormonpräparate noch als Mittel zur Befreiung der Frau bzw. gegen den Alterungsprozess gefeiert. Heute überwiegt die Skepsis.
Titelbild: Ave Calvar | Unsplash + - copyright