Was passiert mit unseren Daten, wenn wir sterben?
Unser digitales Ich stirbt nicht mit uns. Sein Eigenleben kann unsere Angehörigen noch monatelang beschäftigen und einiges kosten. Das muss nicht sein.
Vor einem Jahr klagte eine verzweifelte Mutter aus Berlin gegen Facebook. 2012 war ihre 15-jährige Tochter von einer U-Bahn erfasst worden und kam ums Leben. Die Eltern zweifelten: Waren vielleicht doch Selbstmord und Mobbing die wahren Gründe für den frühen Tod ihrer Tochter? Um ihre Zweifel aus dem Weg zu räumen, wollten sich die Eltern Zugang zum Facebook-Profil ihrer Tochter verschaffen. Doch das soziale Netzwerk rückte das Passwort nicht raus und die Eltern klagten.
Das Berliner Kammergericht gab Facebook Recht. Der Account blieb gesperrt, die privaten Daten ihrer verstorbenen Tochter für die Eltern unerreichbar.
der aber gleichzeitig Fragen aufwirft, die uns alle angehen.
Eine Umfrage des Branchenverbandes bitkom zum Digitalen Nachlass (2015)
keine Gedanken
darüber gemacht, Hast du deinen digitalen Nachlass schon geregelt?
was mit ihren Daten nach dem eigenen Tod passieren soll. Gleichzeitig würde der Großteil genau das gern regeln – fühlt sich aber nicht ausreichend informiert.
Was also sollte jeder über den »Digitalen Nachlass« wissen?
Warum uns unsere Daten auch nach dem Tod nicht egal sein sollten
Die Statistiken zum Netzwerk Facebook bei Zephoria (englisch, 2018) Mehr als jeder vierte Internetnutzer ist auch in sozialen Medien aktiv.Dabei entstehen riesige Datenmengen: Eine interessante Übersicht bei KaufDa auf Basis öffentlicher Nutzerstatistiken der vergangenen Jahre (2016) Alle 10 Sekunden werden über 3,5 Millionen Whatsapp-Nachrichten verschickt, 300.000 Youtube-Videos hochgeladen und ein Facebook-Status wird auf »verheiratet« geändert. Rund 40% dieser Daten sind vertraulich oder Nach Schätzungen der EMC-Studie »Digitales Universum« (2014, Paywall) bedürfen besonderen Schutzes durch Verschlüsselung.
Stirbt ein Mensch, verschwinden seine Spuren im Netz nicht einfach. Chat-Nachrichten, Urlaubsbilder, Lieblings-Listen, Reviews, »Über mich«-Seiten mit persönlichen Angaben, So funktioniert Dating heute online Dating-Profile – Welche Probleme schon zu Lebzeiten mit unserer Digitalen Identität auftreten können, erkläre ich dir hier die »Digitale Identität« bleibt gespeichert auf den Servern und in der weltweiten Cloud. Wer stirbt, verliert damit auch die Chance, seine Daten sind die neue Währung! So fahren Firmen mit unseren Daten ihre Gewinne ein Daten zu ändern und zu löschen. Und wem das egal ist – schließlich »bin ich dann ja eh tot« –, der handelt ziemlich egoistisch.

»Wenn ich tot bin, interessieren mich meine Daten auch nicht mehr!«
Als die Mutter aus Berlin in den Facebook-Nachrichten ihrer Tochter nicht nach Gewissheit suchen konnte, nagten die Zweifel weiter an ihr. Sie wollte wissen, warum ihre Tochter so früh sterben musste. Sie brauchte Gewissheit, um den Tod verarbeiten zu können.
Andere Daten schaden vielleicht dem Andenken des Verstorbenen – etwa wenn nachträglich peinliche oder anzügliche Bilder im Netz auftauchen. Spätestens,
beginnt für die Angehörigen zusätzlich zur Trauer auch noch der Ärger.Tatsächlich wollen 80% der Deutschen solche Fälle verhindern, fühlen sich aber beim Thema zu schlecht informiert, um vorsorgen zu können. Da hilft es nicht, Juliane Metzkers Interview mit 2 Bloggerinnen, die das Tabu brechen dass der Tod etwas ist, über das wir nicht gern nachdenken – geschweige denn reden.
Die 5 wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema »Digitaler Nachlass«
Wer also kann weiterhelfen, wenn es darum geht, was für Angehörige (im Zweifel) erlaubt ist? Ich spreche mit Christian Solmecke, Rechtsanwalt der Website der Kölner Medienkanzlei Wilde Beuger Solmecke Kölner Medienkanzlei Wilde Beuger Solmecke. In seinen Youtube-Beiträgen beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema.

1. Können Verwandte den Zugang zum Online-Profil eines Verstorbenen verlangen?
Das weiß aktuell niemand. Der Fall der verstorbenen 15-Jährigen aus Berlin beschäftigt noch immer die Gerichte. Die Eltern gingen in Revision beim
Christian Solmecke erklärt aber, worauf es in jedem Fall ankommt: »Die nahen Angehörigen müssen den mutmaßlichen Willen des Verstorbenen beachten.«2. Können Verwandte ein Profil löschen lassen?
Ja, zumindest wenn es sich um Das geht aus einem Test von Test.de hervor (2015) Ausweiskopie und eine notarielle Beglaubigung über die Beziehung zum Verstorbenen. Schneller geht es mit einem Der Erbrecht-Ratgeber erklärt im Detail, wie die Beantragung funktioniert »amtlichen Erbschein«.
handelt. Doch um überhaupt etwas bewirken zu können, sind die Sterbeurkunde und, je nach Unternehmen, sogar zusätzliche Nachweise nötig. Twitter verlangt zum Beispiel auch eineViele Unternehmen haben auf ihrer Seite dazu spezielle Kontaktformulare.
3. Was ist mit Bildern in sozialen Medien – können die Verwandten eine Löschung verlangen, wenn jemand Fotos eines Verstorbenen einstellt?
Ja, das können sie, zumindest in einem
Christian Solmecke begründet: »Da hier die Person auch nicht zu Lebzeiten in die Veröffentlichung des Bildes von sich einwilligen konnte, ist es nun die Sache der Angehörigen, zu entscheiden, ob ein Bild veröffentlicht werden darf oder nicht.«4. Gehören die Daten eines Verstorbenen dem Unternehmen – oder können diese vererbt werden?
»Tatsächlich gibt es nach Ansicht der meisten Juristen weder so etwas wie Besitz noch Eigentum an digitalen Gütern wie digitalen Fotos oder Daten«
Es ist kompliziert. klärt Christian Solmecke auf. Damit ist natürlich auch das Erben von digitalen Gütern umstritten – wer etwas nicht wirklich besitzt, was zudem keinen Vermögenswert hat, kann es auch nicht vererben.
Solmecke selbst vertritt aber eine andere Auffassung und vergleicht digitale
die schließlich auch vererbbar sind. Ein juristisches Wespennest, dessen Klärung im Jahr 2018 noch aussteht.5. Dürfen Unternehmen mit den öffentlichen Daten eines Verstorbenen Werbung treiben?
Ja, aber nur solange das Profil noch aktiv ist. Im Falle sozialer Medien wie Facebook regeln nämlich die Nutzungsbedingungen, was das Netzwerk wie verwenden darf – etwa mit dem eigenen Profil Werbung zu treiben, bis es gelöscht wird. Christian Solmecke macht klar: »Solange das Unternehmen vom Tod des Mitglieds nichts weiß, wird es also auch mit seinem Profil weiter Werbung treiben.«
Viele Fragen im Bereich »Digitaler Nachlass« sind also aktuell noch ungeklärt. Selbst in eindeutigen Fällen kommt auf Verwandte ein langer Schriftverkehr mit den Unternehmen zu, der sich Monate lang hinzieht. Währenddessen können aber schon weiterlaufende Kosten für Online-Dienste entstehen, ganz abgesehen vom psychologischen Stress für die Angehörigen.
Wollen wir unseren Angehörigen das ersparen, müssen wir selbst vorsorgen.

So regeln wir, was nach dem Tod mit unseren Daten geschieht
Damit unsere Verwandten es nach unserem Tod leichter haben, reicht eine mündliche Abmachung nicht aus. Damit der eigene »Digitale Nachlass« trotz offener Rechtsfragen gut vorbereitet wird, gibt es mehrere Möglichkeiten:
1. Master-Passwörterliste speichern und pflegen: Auf einer Liste können wir Passwörter und Zugänge sammeln – Maximilian Doré wirbt für mehr Aufmerksamkeit bei Online-Sicherheit und erklärt, wie Hacker deine Daten sicherer machen Online-Diebe. Der Nachteil hierbei: Geht die Liste verloren oder wird nicht regelmäßig aktualisiert, nützt sie wenig. Und bekommen Unternehmen davon Wind,
Denn diese Liste wäre quasi ein für2. Vollmacht über den digitalen Nachlass: Für den Fall, dass wir in der Passwortliste etwas vergessen (oder sie nicht aktuell ist), ist eine
Dabei kann auch eine andere Vertrauensperson als »Nachlassverwalter« eingesetzt werden. Je nach Wunsch kann die Vollmacht genau regeln, was mit welchen Online-Profilen und sogar dem verwaisten Computer und Smartphone (und den Daten darauf) geschehen soll.3. Digitale Nachlassdienste beauftragen: Um die Angehörigen komplett zu entlasten, kann auch ein In Deutschland bietet etwa das Unternehmen Columba solche Leistungen an digitaler Nachlassdienst beauftragt werden. Dabei bevollmächtigt das Unternehmen damit, sein »Digitales Erbe« im Todesfall auszuführen. Nötig dazu sind Daten über Online-Verträge und Profile – die dann nach dem Ableben gelöscht oder an ausgesuchte Personen weitergereicht werden. Der Nachteil dabei: Das kostet Geld und basiert auf Vertrauen in den Dienstleister.
Damit die Vorsorge klappen kann, müssen wir natürlich selbst einen Überblick über unsere Online-Spuren haben. Wie willst du (online) in Erinnerung bleiben?
Ihnen auf die Schliche zu kommen, bietet auch eine gute Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie wir (online) in Erinnerung bleiben wollen.

Facebooks Gedenkmodus kann helfen, die Trauer zu verarbeiten
Während andere soziale Netzwerke bis heute nur das Löschen eines Profils ermöglichen, führte Facebook 2015 den sogenannten Hier geht es zu Facebooks Antrag auf Herstellung des Gedenkzustands In diesem verändert sich das Profil grundlegend:
ein.- Wie eine Todesanzeige: Neben dem Namen wird »In Erinnerung an« angezeigt und das Profil verliert die Moderator-Funktion von Gruppen.
- Keine Nutzung mehr: Das Profil taucht nicht mehr bei Freundschaftsvorschlägen oder Geburtstagserinnerungen auf und Facebook darf keine Werbung mehr damit betreiben.
- Unveränderbar: Ist der Gedenkzustand einmal aktiviert, kann sich niemand mehr mit dem Profil anmelden. Damit muss auch niemand mehr um Passwörter und Sicherheit Sorge haben.
– Facebook
Doch damit nicht genug: Nutzer können zu Lebzeiten in den Einstellungen
Diese erhalten beschränkten Zugriff auf das Profil und können etwa einen verfassen, das Profilbild ändern, Kopien der öffentlichen Inhalte herunterladen und die Löschung des ganzen Kontos anfordern.
– Silke Szymura
Schon ein »In Erinnerung an« in der Freundesliste kann Anlass sein, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen. Facebook hat das Thema erst vor knapp 2 Jahren entdeckt und will die Funktion ausbauen. Silke Szymura denkt bereits weiter. Warum nicht »auch Erinnerungen für alle Freunde am Todestag oder Vorschläge von schönen gemeinsamen Erinnerungen?«.
Das mag befremdlich wirken. Doch Silke Szymura ist überzeugt davon, dass gerade online der Tod wieder mehr in die Mitte unserer Gesellschaft rücken kann. Gedenkprofile können dabei helfen, das Tabu zu brechen. So lernen wir vielleicht, besser mit dem umzugehen, was auf uns alle zukommt.
Mit Illustrationen von Adrian Szymanski für Perspective Daily
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