Kannst du mit Shopping die Welt retten?
Manche Unternehmen versprechen, für jeden verkauften Artikel etwas Gutes zu tun. Seit dieser Woche gibt es solche Produkte auch in deutschen Supermärkten. Ist dieses Modell nachhaltig?
Wer sich mit dem eigenen Konsum auseinandersetzt, merkt erst einmal,
Saufen für den Regenwald?
Gut, dass es auch Angebote gibt, die beim Kauf versprechen, nebenbei die Welt zu retten: Eine Zeitlang hat
Also auf in den Supermarkt zur fröhlichen Weltrettung durch Konsum?
3 Fallstricke zwischen Konsum und Charity
Alle genannten Produkte haben gemeinsam, dass ein Teil des Kaufpreises für einen klar festgelegten wohltätigen Zweck aufgewandt wird. Allerdings fällt aus dieser Aufzählung nur der Schuh- und Modehersteller TOMS unter das »Buy one, give one«-Konzept: Hier wird ein Gegenwert geschaffen und gespendet, der direkt mit dem gekauften Produkt zusammenhängt.
»Psychologisch betrachtet hat man eine relativ geringe Hürde, zuzugreifen und mit einem guten Gefühl einzukaufen«, sagt
Damit das »Buy one, give one«-Konzept aufgeht, müssen mehrere Faktoren berücksichtigt werden:
- Effektivität:
Wenn jeden Monat ein Lkw mit neuen Schuhen kommt, ist der örtliche Schuster seine Kundschaft los.
Patrick Bottermann nennt ein weiteres Argument: »Es ist wichtig, dass das Verschenken von Sach- und Dienstleistungen in Entwicklungsländern dem heimischen Markt nicht schadet.« Wenn vor Ort, um im Beispiel zu bleiben, importierte Schuhe verteilt werden, verliert der lokale Schuster seine Kunden. »Lokale Hersteller und Anbieter dürfen nicht verdrängt werden und auch nicht daran gehindert werden, selber Wertschöpfung vor Ort zu leisten.« Die Frage, wie effizient eine Spende ist, ist bei sozialen Projekten sehr viel komplexer als bei Umweltthemen. - Transparenz:
Zum Punkt Transparenz gehört aber auch, dass unabhängige Stellen die Projekte besuchen und kontrollieren. Sie übernehmen für den Kunden die Aufgabe eines Augenzeugen, der sich vor Ort versichert, dass die Versprechen eingehalten werden. - Ganzheitlichkeit: Wenn ein Waffenhersteller pro verkaufter Pistole eine zweite in den Kongo schicken würde, wäre das wohl kaum im Sinne des Gemeinwohls.
Wenn ein Waffenhersteller pro verkaufter Pistole eine zweite in den Kongo schicken würde, wäre das wohl kaum im Sinne des Gemeinwohls.
Und auch wenn er Moskitonetze verteilen würde, bliebe er immer noch ein Waffenhersteller. Deshalb ist wichtig, auch die Produkte selbst in den Fokus zu nehmen. Patrick Bottermann warnt, dass »Buy one, give one«-Aktionen nur ein Feigenblatt seien, wenn »die grundsätzlichen Aktivitäten eines Unternehmens bestimmte sozial-ökologische Kosten verursachen.«
Anders ausgedrückt:
In Deutschland verkaufen seit Mitte März insgesamt rund 5.000 Filialen von REWE und dm die Produkte des Berliner Start-ups share – Nussriegel, Wasser und Seife. Bevor wir ins Detail gehen: Ist es überhaupt nachhaltig, unter Verbrauch von Ressourcen die riesige Auswahl dieser Produkte um noch eine weitere Sorte zu erweitern?
Patrick Bottermann findet ein Argument, das dafürspricht: »Vielleicht ist das ein Anstoß oder
Die neueste Marke im Supermarkt: Share
Und damit zurück zu
- Jeder verkaufte Nussriegel finanziert eine Mahlzeit.
- Jede verkaufte Flasche Wasser bedeutet eine Tagesration Trinkwasser für einen Menschen.
- Jeder verkaufte Seifenspender finanziert ein Stück Seife.
Auf den Produkten sind QR-Codes aufgedruckt, mit denen man online Informationen zum jeweils geförderten Projekt abrufen kann. Auch die Transparenz durch Kontrollen sei gewährleistet, sagt Stricker:
Alle Partner, die Sie bei uns sehen, sind ausgesprochen renommierte Organisationen, die ihre eigenen Monitoring- und Evalulationsprozesse implementiert haben. Ein Teil der Kosten finanziert auch diese Prozesse. Die Vereinten Nationen werden regelmäßig von staatlicher Stelle geprüft – das ist bei unseren Projekten natürlich auch so.
Wie sieht es – Stichwort Ganzheitlichkeit – bei den Produkten selbst aus? share achtet laut Stricker auf die Nachhaltigkeit der Unternehmen, die die Produkte für Share herstellen. »Wir wollen das nachhaltigste Unternehmen der Welt werden«, sagt Sebastian Stricker. In manchen Abschnitten der Wertschöpfungskette gebe es allerdings noch Luft nach oben; zum Beispiel beim Plastik, das für die Verpackung benutzt wird.
Patrick Bottermann vom CSCP hat sich die Website von share angesehen: »Die Wertschöpfungskette ist bei den Produkten nicht so detailliert dargestellt wie bei den Projekten.« Er vermisse bestimmte Informationen: »Ich weiß, dass die Bio-Nussriegel biologisch angebaute Zutaten haben, ich weiß aber nicht, ob sie fair gehandelt sind.« Noch ist Share nicht zertifiziert. Stricker weist auf die
Bei share fließen laut Stricker bis zu 20% des Umsatzes direkt an die Organisationen, die davon wiederum Nahrung verteilen, Brunnen bauen und Hygiene fördern. Erst einmal will das Start-up seine 3 Produktreihen am Markt etablieren, danach würde Sebastian Stricker auch gern etwas für Bildung tun: »Da könnte man an Schreibwaren denken – zum Beispiel, ich kaufe mir einen Kugelschreiber oder einen Collegeblock und jemand anderes bekommt auch einen.«
Retten soziale Konsumprodukte die Welt?
Insgesamt sind soziale Konsumprodukte ein recht neues Phänomen – 12 Jahre nach dem Markteintritt des Schuhfabrikanten TOMS gibt es jedoch einige Unternehmen, die sich zu dem Prinzip bekennen. Die Kombination von Konsum und Charity scheint auch bei den Kunden anzukommen. Da stellt sich die Frage: Was ist, wenn Menschen weniger spenden, weil sie ja schon sozial eingekauft haben?
»Je mehr verschiedene Möglichkeiten ich habe, mich sozial zu betätigen, desto größer wird der Kuchen.«
»Ein richtiges Unglück wäre, wenn die Leute, statt 100 Euro zu spenden, mit dem Geld share-Produkte kaufen«, sagt auch Sebastian Stricker. Aber er ist überzeugt: »Wenn ich neben Spenden auch soziale Produkte kaufen kann, ist das additiv, nicht substituierend. Je mehr verschiedene Möglichkeiten ich habe, mich sozial zu betätigen, desto größer wird der Kuchen.«
Update 15.3., 12:00 Uhr: share will sich zu gegebener Zeit um Fairtrade-Zertifizierung bemühen. Diese Information lag bei Redaktionsschluss für diesen Artikel noch nicht vor.
Weitere Informationen zu dieser Förderung findest du hier
Titelbild: wikicommons / Rotmain-Center Bayreuth - CC BY-SA 3.0