Deutschland ist WLAN-Wüste. Wer führt uns da raus?
Im Ausland gibt es überall WLAN, nur hier nicht. 3 Updates, damit wir so frei surfen können wie in Lettland und Israel.
Jetzt sind sie ganz verschwunden, die kleinen Signalbalken auf dem Display meines Smartphones. Ärgerlich halte ich es näher an die Fensterscheibe des Zuges, der gerade den Rhein hinauffährt. Bis Frankfurt liegt noch eine Stunde Fahrzeit vor mir und wieder erhalte ich als Antwort auf meine E-Mail einen »Übertragungsfehler«. Auch der nächste Bahnhof leistet keine Abhilfe – die E-Mail bleibt im digitalen Nirvana stecken. Ernüchtert stelle ich mir die Frage:
Warum klappt das in Deutschland mit dem WLAN einfach nicht?
In anderen Ländern geht es doch auch und öffentliches Internet ist eine Selbstverständlichkeit: Sei es in den Regionalbahnen in Lettland oder den Reisebussen in Israel. Im Vergleich dazu ist Deutschland eine WLAN-Wüste – nicht nur beim Reisen. Auch in hiesigen Großstädten suche ich öffentliche
Dabei würden
Trotz des Regierungsversprechens, die Digitalisierung ernst zu nehmen, landet Deutschland auf dem gerade herausgekommenen
Problem erkannt, auch beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Das schiebt die Verantwortung weiter:
Ein flächendeckender WLAN-Ausbau liegt aber insbesondere in der Verantwortung der Kommunen und privater Unternehmen.
Doch nun kommt Bewegung ins deutsche Netz, bei Unternehmen, Kommunen und denen, die das BMVI scheinbar vergisst – den Nutzern.
Die Unternehmen: Deshalb ist Streaming im Zug so schwierig
Dass kostenloses Internet zum Standard wird,
Es heißt immer ›Die Bahn kriegt das nicht hin‹. Was aber viele nicht wissen: Ein Zug ist erst mal ein
Für dem Ausbau der Internet-Technik hat das Unternehmen nach eigenen Angaben
Doch auch diese Technologie hat Grenzen: Die Internet-Bandbreite in einem ICE entspricht, so Fuhrmann,
Beim Einloggen im ICE steht ja nicht umsonst die Bitte: ›Verzichten sie bitte auf datenhungrige Dienste‹ wie etwa Streaming. Sonst kommt auch das schnelle
Verständnis und Solidarität könnten also helfen, damit jeder unterwegs E-Mails verschicken und empfangen kann. Eine andere Lösung zur Entlastung des Datenverbrauchs kommt aus der
Wir haben Messboxen in unsere Züge eingebaut, um den Mobilfunkanbietern in enger Zusammenarbeit zurückzuspielen, wo es Lücken in der Abdeckung auf den Strecken
Wenn es mit meiner E-Mail unterwegs nicht funktioniert, muss also nicht die Bahn schuld sein – der stockende
So versucht die EU mit ihrer WiFi4EU-Initiative, WiFi aufs Land zu bringen
Die Website von Dreieich in Hessen macht nicht gerade den Eindruck, als sei die 40.000-Seelen-Gemeinde ein Vorreiter für die digitale Zukunft. Doch das täuscht: Demnächst könnte es hier das geben, woran selbst Landeshauptstädte noch scheitern: Kostenloses WLAN in der Innenstadt.
Dafür will ein Pilotprojekt der Europäischen Kommission mit dem »hippen« Namen
Wer zuerst kommt, surft zuerst – das könnte das Motto von WiFi4EU sein
Wer sich dabei wie Dreireich zuerst registriert, hat höhere Chancen auf den
Ein verlockendes Angebot, nicht nur für Dreieich: Bereits zum Start von WiFi4EU versuchten sich 18.800 Gemeinden zu registrieren, fast das 3-Fache der angepeilten Zahl – und überlasteten damit gleich den EU-Server. Ob die Initiative damit ein Erfolg ist und sogar für mehr Gemeinden aufgestockt wird, darüber wollte die Europäische Kommission noch keine Auskunft
Also im Jahr 2020.
Für viele Gemeinden dürfte es aber nicht tragbar sein, bis dahin diesen Standortnachteil in Kauf zu nehmen. Außerdem reicht die WiFi4EU-Förderung umgerechnet nur für 8–10 Hotspots, die zusammen eine Fläche von 0,5–2 Quadratkilometern
Dann machen wir es eben selbst: So kann jeder die WLAN-Wüste mit begrünen
Unternehmen hadern noch mit technischen Hürden, die kommunale Förderung per WiFi4EU reicht nicht aus, um die deutschen Innenstädte zu versorgen – ein guter Nährboden für unkonventionelle Lösungen aus der Privatwirtschaft.
So bietet etwa das Online-Handelshaus eBay zwischen 2016 und Juni 2018 in ausgewählten deutschen Städten
Und was, wenn mehr Menschen ihr eigenes Netz öffentlich anbieten und so private WLAN-Hotspots für alle schaffen?
Noch bis Oktober 2017 war genau das mit hohen rechtlichen Risiken der berüchtigten
Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, muss ein Anschlussinhaber in öffentlichen Räumlichkeiten nur noch angeben, dass er nicht Täter der Verletzungshandlung war und sein WLAN öffentlich angeboten hat.
Cafés und Ladenbesitzer sind damit völlig auf der sicheren Seite. Sie haften nicht mehr als Störer. Bei Privatpersonen sieht es aber noch etwas anders aus. Wer seinen privaten Router für alle öffnet, kann im unwahrscheinlichen, schlimmsten Fall vor Gericht aussagen müssen – etwa wenn jemand über diesen Zugang illegale Handlungen wie
Für Mitglieder öffentlicher Freifunk-Netze ist das aber tragbar. Weil sie enttäuscht vom Markt und der öffentlichen Hand sind, machen sie es eben selbst und vernetzen Menschen direkt miteinander. Dabei öffnen sie aber nicht einfach ihr WLAN – sondern schaffen gleich ein eigenes Netzwerk aus Routern, die direkt untereinander verbunden sind und
Die Idee dazu entstand bereits im Jahr 2001, nachdem die Kommunikationsnetze privatisiert und das Internet kommerzialisiert wurde. Heute gibt es über 430 Freifunk-Gruppen im deutschsprachigen Raum mit insgesamt mehr als 48.000 öffentlichen Zugängen. Der Grundsatz dabei: Jeder kann mitmachen und ein oder eine sogenannte
Ich bin überzeugt, dass Zugang zum Netz in einer digitalen Gesellschaft ein Grund- und Menschenrecht ist. Auch in Deutschland können nicht alle Menschen das Recht auf Information, freie Meinungsäußerung und vor allem Teilhabe wahrnehmen – unter anderem auch aus Mangel an Geld und schlechter Infrastrukturpolitik.
Im Gegensatz zu den Angeboten von »eBay Plus« und Co. sind diese Freifunk-Netze unabhängig und nicht kommerziell. Auch ist das Netzwerk dezentral aufgebaut und damit besonders stabil als digitale Infrastruktur – fällt ein Router aus, bleibt das Freifunk-Netz erhalten. Betreiber wie Monic Meisel begreifen ihre Arbeit dabei durchaus als Aktivismus:
Seit dem Ende der Störerhaftung haben wir nun die Möglichkeit, weniger als technischer Fix für schlechte Rahmenbedingungen wahrgenommen zu werden, sondern für das, was wir immer schon waren: digitales Ehrenamt.
Teilnehmer von Freifunk tauschen sich digital und vor Ort aus und fördern ein öffentliches Umdenken. Digitalisierung soll nicht mehr alleinige Sache des Marktes sein. Gemeinsam setzen sie sich dafür ein,
Dieses Engagement wurde nun sogar von der Bundesregierung bemerkt.
Monic Meisel und die anderen »Freifunka« sind gespannt, wann dieses Versprechen eingelöst werden wird.
Wenn die Bundesregierung es ernst meint und beim Thema »Konnektivität« und »öffentliche Dienstleistungen« aufholen will, ist die Stärkung solcher dezentralen Netze ein nächster Schritt.
Dann muss ich auch nicht mehr nach Lettland oder Israel reisen, um unterwegs endlich problemlos E-Mails zu verschicken.
Titelbild: Tobias Kaiser - copyright