Um unsere Grenzen zu sichern, müssen wir sie öffnen
Junge Afrikaner haben ein Recht auf ihren Traum von Europa. Dem Wunsch der CSU nach sicheren Grenzen steht das nicht entgegen.
Wenn der Wunsch nach Abschottung andere Grundwerte unserer Gesellschaft gefährdet, dann müssen wir nach alternativen Handlungsmöglichkeiten suchen. »Du sollst nicht töten« ist das Fundament unserer von Konservativen gern beschworenen christlich-jüdischen Tradition. Trotzdem
Das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese, der über drei Jahre da ist – weil den wirst Du nie wieder abschieben. Aber für den ist das Asylrecht nicht gemacht, sondern der ist Wirtschaftsflüchtling.
Ist die erfolgreiche Integration von Senegalesen etwa eine Gefahr für Deutschland? Die meisten »Wirtschaftsflüchtlinge«, die es nach Deutschland schaffen, stammen aus Afrika. Afrikaner sind die
Die CSU stellt hingegen die Migration als eine Bedrohung der inneren Sicherheit, der deutschen Kultur und unserer Wohlstandsgesellschaft dar. Es ist die Politik der Abgrenzung, die jedem Verfassungspatrioten einen Schauer über den Rücken jagen sollte.
Bisher haben diese unterschiedlichen Perspektiven zu weitgehend unkontrollierter Migration und einer immer unmenschlicheren Migrationspolitik geführt.
Unsere Kultur, unsere Heimat, wenn man sie als Wertegemeinschaft und nicht im Sinne einer »Blut und Boden«-Ideologie versteht, wird nicht durch afrikanische Migranten gefährdet. Es ist die Politik der Abgrenzung, Abweisung und Isolation um jeden Preis, die jedem Verfassungspatrioten einen Schauer über den Rücken jagen sollte. Internierungslager in der Sahara, eine von afrikanischen Autokraten abgesicherte Festung Europa und Migrationspopulisten gefährden unsere demokratischen Grundwerte. Auflösen lässt sich dieser Widerspruch nur durch eine neue Migrationspolitik. Für die man allerdings erst mal die beiden Seiten der Diskussion verstehen muss.
Die afrikanische Perspektive: Das Menschenrecht auf Migration
Migration gehört zum afrikanischen Alltag
Vor allem für junge Afrikaner ist Migration heute eine wichtige Strategie auf der Suche nach wirtschaftlichem Erfolg. 59% der Migranten aus Westafrika wandern, dank eines Freizügigkeitsabkommens ganz legal, innerhalb der Region, nur etwa 35% suchen nach einer Bleibe außerhalb Afrikas, viele davon in Europa. Jeder kennt jemanden, der es in einem anderen Land »geschafft« hat und mit dessen Geld jetzt im heimischen Dorf ein schickes neues Haus gebaut wird. Jährlich überweisen afrikanische Migranten 38 Milliarden Euro nach Hause. Entwicklungshilfe erhält der Kontinent etwa 43 Milliarden, wovon ein großer Teil gar nicht erst Anders als es in der deutschen Debatte oft suggeriert wird, entschließen sich mit zunehmendem Wohlstand mehr, nicht weniger Menschen zur Migration.
Und anders als es in der deutschen Debatte oft suggeriert wird, entschließen sich mit zunehmendem Wohlstand mehr, nicht weniger Menschen zur Migration. Entwicklungshilfe mit »Fluchtursachen bekämpfen« gleichzusetzen, ist Augenwischerei, Europa wird sich in den kommenden Jahren auf mehr, nicht weniger
Für viele Afrikaner ist die Möglichkeit zur freien Migration sogar so wichtig, dass sie ein »Menschenrecht auf Migration« einfordern.
Tatsächlich gibt es das Recht auf Migration so aber nicht. Die
Die deutsche Migrationspolitik befeuert die illegale Zuwanderung
Und davon macht Deutschland ausgiebig Gebrauch. Laut Auswärtigem Amt stellten deutsche Vertretungen in Afrika, einem Kontinent mit 1,2 Milliarden Einwohnern, im Jahr 2017 nur etwa 22.000
Die Visabestimmungen und der Antragsprozess der Bundesrepublik benachteiligen Afrikaner systematisch, sodass viele Migrationswillige vermutlich erst gar kein Visum beantragen. Um ein Visum zu erhalten, müssen viele teils mehrtägige Reisen unternehmen.
Um ein Visum zu erhalten, müssen viele teils mehrtägige Reisen unternehmen, da es in ihren Heimatorten keine deutsche Vertretung gibt. Das Verfahren dauert dann meist mehrere Monate,
Die größte Hürde ist es, die »Rückkehrbereitschaft« zu belegen. Denn ein Visum bekommt in Deutschland unabhängig von seinen Plänen nur jemand, der nachweisen kann, dass er nach Ablauf der Aufenthaltsdauer freiwillig wieder in sein Heimatland zurückkehren wird. Afrikaner müssen dafür meist einen festen Arbeitsplatz in der Heimat vorweisen, an dem sie mehr verdienen als in Deutschland. Auf einem Kontinent, wo das durchschnittliche Monatseinkommen bei nur gut 100 Euro liegt und die meisten Beschäftigungsverhältnisse informell sind, für viele eine Unmöglichkeit. Richtig absurd wird es aber bei der sozialen Anbindung. Deutsche Vertretungen erkennen oft nicht mal einen Ehepartner oder ein Kind als überzeugenden Grund an, weswegen ein Antragssteller freiwillig wieder ausreisen würde.
Das Auswärtige Amt listet 92 Länder, deren Bürger visumsfrei für 90 Tage nach
So schließt Deutschland einen großen Teil aller Afrikaner von der legalen Migration kategorisch aus. Das ist zwar das gute Recht der Bundesregierung, trägt zur illegalen und unkontrollierten Migration aber entscheidend bei. Deutschland schließt einen großen Teil aller Afrikaner von der legalen Migration kategorisch aus.
Im Jahr 2017 kamen neben den 22.000, die ein Visum erhalten haben, auch gut 50.000 Afrikaner nach Deutschland, um hier einen Asylantrag zu stellen, von denen jeder Dritte ein Bleiberecht erhielt. Heißt: Egal wie gering die Chance auf Asyl in Deutschland ist, sie ist immer noch höher als auf ein erfolgreiches Visumsverfahren.
Das sehen die afrikanischen Regierungen übrigens genauso. Sie sabotieren systematisch die Bemühungen der Bundesregierung, ihre Staatsbürger aus Deutschland abzuschieben. Warum sollten sie auch kooperieren? Das Geld, das Migranten aus Deutschland an ihre Familien daheim überweisen, ist für viele afrikanische Staaten wichtiger als das, was sie von Deutschland als Entwicklungshilfe erwarten können. Innenpolitisch sind Abschiebungen extrem unbeliebt, denn manchmal haben ganze Dörfer in die Migration eines »Wirtschaftsflüchtlings« investiert. Und moralisch sehen sich afrikanische Gesellschaften in ihrem Drang nach einem besseren Leben ohnehin im Recht.
Das ist also die afrikanische Perspektive auf Migration. Die deutsche ist den meisten aus einer inzwischen jahrelangen Diskussion vermutlich geläufig. Wer sie noch mal zusammengefasst lesen möchte,
der klickt hier für eine längere Version des Textes.
German Angst
Gibt es nicht auch gute Gründe, Zuwanderung aus Afrika so weit wie nur irgendwie möglich zu unterbinden? Grob lassen sich die deutschen Ängste in Bezug auf Zuwanderung aus Afrika in 3 Kategorien einteilen:
- Machen afrikanische Migranten uns arm?
»Bis zur letzten Patrone«, so der heutige Innenminister Horst Seehofer im Jahr 2011, werde die CSU sich gegen die »Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme« wehren. Gewerkschaften sind über die Aussicht von mehr Konkurrenz zwischen Arbeitnehmern wenig begeistert. Die Angst, dass Deutsche durch eine hohe Zuwanderung finanziellen Schaden nehmen, sitzt tief.
Tatsächlich zahlen Migranten im arbeitsfähigen Alter mehr in die Sozialsysteme ein, - Sind afrikanische Migranten kriminell?
Der Eindruck, dass von afrikanischen Einwanderern eine echte Gefahr ausgeht, entsteht beim täglichen Lesen der Schlagzeilen schnell. Großeinsätze gegen abgelehnte afrikanische Asylbewerber in einer Sammelunterkunft in Ellwangen, ein Tunesier, der in einer Kölner Wohnung Biowaffen braut, ein Ghanaer, der in der Bonner Rheinaue eine Frau vor den Augen ihres Freundes vergewaltigt. Diese Fälle sind erschreckend, verdecken aber den Blick darauf, dass afrikanische Migranten nicht öfter kriminell werden als Deutsche oder Zuwanderer aus der Europäischen Union. Ginge es allein um Sicherheitsbedenken, dann würden eine generelle Arbeitserlaubnis und Familienzusammenführungen deutlich effektiver wirken als Ankerzentren, - Sind afrikanische Migranten anders?
Gegen dieses Gefühl der Ablehnung lässt sich sachlich kaum argumentieren. Auffällig ist, dass die Ablehnung von Migranten vor allem dort verbreitet ist,
Anders als die wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Bedenken lässt sich der Wunsch nach kultureller Integrität aber nicht einfach vom Tisch wischen. Er ist im Kern nachvollziehbar, auch wenn man ihm selbst nicht unbedingt zustimmt. Die Frage ist, ob er allein die komplette Abschottung Deutschlands gegenüber einem gesamten Erdteil begründen kann.
Wie eine neue Migrationspolitik aussehen könnte
Ein Kompromiss, der sowohl das deutsche Verlangen nach Souveränität über die eigenen Grenzen und Sicherheit als auch das afrikanische Bedürfnis nach wirtschaftlichen Perspektiven berücksichtigt, ist möglich. Der Kern wäre ein neuer Pakt zwischen Deutschland und teilnehmenden afrikanischen Staaten:
- Deutschland bietet afrikanischen Migranten einen transparenten, realistischen Weg zur Migration und zum dauerhaften Aufenthalt in Deutschland an.
- Afrikanische Regierungen kooperieren unkompliziert bei der Rückführung von Migranten, die Deutschland aus nachvollziehbaren Gründen nicht mehr beherbergen möchte.
Müsste Deutschland jeden beliebigen Bewerber akzeptieren? Nein. Auflagen wie grundlegende Sprachkenntnisse, genügend Geld für die Absicherung des Lebensunterhalts sowie der Krankenversicherung und ähnliche Bedingungen für ein Visum könnte man von afrikanischen Migranten ohne Probleme verlangen. Auch ein jährliches Kontingent widerspricht nicht der Idee einer neuen Migrationspolitik, solange die Obergrenze der Nachfrage zumindest ansatzweise Rechnung trägt und die Auswahl transparent erfolgt.
Aber unter diesem neuen Paradigma würden afrikanische Migranten selbstverständlich Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erhalten. Eine legale Einreise wäre auch für den Afrikaner aus dem Mittelstand realistisch und gleichzeitig eine echte Chance auf wirtschaftlichen Erfolg.
Für afrikanische Regierungen würden sich damit die Anreize ändern. Anstatt Abschiebungen aus Deutschland abzulehnen, wann immer es möglich ist, würde die Rückführung von Kriminellen oder abgelehnten Asylbewerbern die legale Migration nach Deutschland erst ermöglichen. Das könnte bei genügend gegenseitigem Vertrauen dazu führen, dass für kurze Aufenthalte, etwa für Familienbesuche und Geschäftsreisen, nur geringe Visumsauflagen gemacht werden müssten.
Dass eine andere Migrationspolitik gegenüber Afrika für Deutschland möglich wäre, zeigen nicht zuletzt die 1–2 Millionen Menschen aus der ganzen Welt, Wir können legale Möglichkeiten zur Migration schaffen und dadurch das Verlangen nach einer Chance bedienen.
Praktisch alle pflegen im Kleinen oder Großen andere kulturelle Eigenheiten. Problematisiert werden aber nur jene, die offensichtlich anders aussehen und nach unseren Gesetzen illegal über die Grenze kommen.
Eine konstruktive Lösung für die Bedenken der CSU und anderer migrationskritischer Teile der deutschen Bevölkerung würde also nicht versuchen, die Migration von Afrikanern als solche zu unterbinden. Das wird nicht gelingen. Wir können aber sehr wohl legale Möglichkeiten zur Migration schaffen und dadurch sowohl das Verlangen nach einer Chance für wirtschaftlichen Aufstieg als auch das Bedürfnis nach Transparenz und einem Ende der illegalen Zuwanderung bedienen.
Titelbild: Tom Cleary - CC0 1.0