Die Männer werden die Welt nicht retten
Zumindest nicht allein. Wenn wir es nicht gemeinsam schaffen, sollten wir es vielleicht lieber ganz lassen.
Menschheit, wir haben ein Problem. Ein ziemlich großes sogar. Es manifestiert sich in
Das alles ist schon lange bekannt; zuletzt widmete das New York Times Magazine dem Klimawandel eine viel beachtete Sonderausgabe. In rund 2 Stunden Lesezeit
»Fast nichts stand uns im Weg. Außer uns selbst.« – Nathaniel Rich, Schriftsteller
Eine Zeit der verpassten Chancen. Und der Verfasser des alarmierenden Mega-Artikels weiß auch, wer daran die Schuld trägt. Zum einen die menschliche Natur. Zum anderen ist es die Form, in der sie sich organisiert: die Politik. Und da Rich in seinem Text über die USA spricht – was an sich schon die bezeichnende Verengung eines globalen Problems darstellt – lässt sich das noch weiter konkretisieren: Er meint die Demokratie.
Rich ist nicht der erste, der impliziert, dass Demokratie nicht die beste und effizienteste Gesellschaftsform ist, um die menschengemachte Katastrophe abzuwenden.
Vor ihm haben andere schon
Aber so richtig es ist, den Klimawandel als fundamentales Problem anzuerkennen, so falsch ist es, über Autoritarismus als Lösung zu sprechen. Brandgefährlich ist es obendrein. Wir dürfen Demokratie und den Klimawandel nicht gegeneinander ausspielen. Denn das Problem ist nicht, dass zu viel Demokratie effizientes Handeln erschwert – sondern dass die Demokratie einfach noch nicht gut genug ist, um dem menschengemachten Klimawandel zu begegnen.
Menschengemacht – oder männergemacht?
Es lohnt sich, einen Blick darauf zu werfen, wer dieses »Wir« eigentlich ist, das in den vergangenen Jahrzehnten zu kurzsichtig war, um nachhaltige Lösungen auf den Weg zu bringen. Das Stück aus dem New York Times Magazine ist entlarvend. Der Autor spricht von der menschlichen Natur – und merkt dabei nicht, dass er nur auf eine Teilmenge starrt: auf
Unfreiwillig führt er so den Kern des Problems vor Augen:
Das ist die Ungerechtigkeit des Klimawandels: Die verletzlichsten Mitglieder einer Gesellschaft, unabhängig vom Entwicklungslevel des betreffenden Landes, werden am meisten leiden. Marginalisierte oder arme Menschen, Frauen, indigene Gemeinschaften, Slum-Bewohner und Migranten sind überproportional von Klimaeinflüssen betroffen.
Gleichzeitig sitzen diese Gruppen noch viel zu selten mit an den Verhandlungstischen von Kommunen, Regierungen und internationalen Klimakonferenzen. Die gute Nachricht: Es dringt langsam durch, dass diejenigen gehört werden müssen, die schon heute die Effekte des Klimawandels spüren. Die ehemalige irische Präsidentin und UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Mary Robinson ist nur eine von vielen, die das Thema Klimagerechtigkeit
Das Problem sind also nicht die mühsamen Entscheidungsfindungsprozesse demokratischer Gesellschaften. Das Problem ist, dass noch längst nicht alle Menschen, die am Ende mit den Entscheidungen leben müssen, in diesen Prozessen repräsentiert sind.
It’s the economy, stupid!
Es gibt aber noch ein zweites Missverständnis, das den Klimaschutz gegen die Demokratie in Stellung bringt: Die Vorstellung, dass
Als Klimaforscher wie James Hansen in den 1980er-Jahren mit ihren Erkenntnissen zum
Dem Neoliberalismus geht es um Wachstum, Profit, Rendite. Das beste Mittel zum Zweck: ein Wirtschaftssystem, das durch Wettbewerb zu immer neuen Höchstleistungen angetrieben wird.
Freie Märkte sind aber nicht dasselbe wie freie Menschen, manchmal ist sogar das Gegenteil der Fall.
Aber muss es dafür nicht erst eine demokratische Mehrheit geben, eine kritische Masse, die solche Veränderungen – auch mit ihrem Kreuz am Wahltag – einfordert? Ist nicht genau das das Problem?
Die Demokratie ist unsere einzige Rettung
Nun ja – es ist ja nicht so, dass wir uns seit den 1980er-Jahren überhaupt nicht bewegt hätten. Deutschland hat die Energiewende ganz ohne einen grünen Führer ausgerufen.
Und selbst international ist Konsensfindung möglich. Vor knapp 30 Jahren einigten sich 197 Staaten auf die
Dabei gibt es für viele effektive Klimaschutzmaßnahmen längst demokratische Mehrheiten.
Wer sagt, Demokratien seien zu langsam, ruft nach einer autoritären Beschleunigung – und hat wahrscheinlich noch nie am eigenen Leib erfahren, was Gewalt, Angst und Willkür bedeuten. Die Demokratie ist noch lange nicht perfekt, aber sie bleibt die einzig richtige Wahl. Das Ringen um eine bessere Demokratie, in der wirklich alle mitreden, sollte auch im Mittelpunkt der Bemühungen um den Klimaschutz stehen. Und wenn wir es auf diesem Wege wirklich nicht schaffen, die Welt zu retten – dann sollten wir es vielleicht besser lassen.
Titelbild: Mark Skeet - CC0 1.0