Warum Ärzte diesen Hundenasen vertrauen
Sicherer, gesünder und glücklicher dank Hund: Unser liebstes Haustier kann mehr als Stöckchen fangen – wenn wir es lassen.
Jeden Dienstag dreht Wolfgang Heles mit Romy seine Runde im Seniorenhaus Zur Buche in Konz. Die beginnt bei den schwer dementen Senioren mit besonderem Pflegebedarf. Im Aufenthaltsraum schweigen die meisten, weil die wenigsten sprechen können. Ein paar versuchen trotzdem zu kommunizieren.
Romy weiß nicht, dass sie
Visite vom Vierbeiner: Besuchshunde
Egal ob in Seniorenheimen, Kindertagesstätten, Krankenhäusern oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen – Besuchshunde drehen in ganz unterschiedlichen Institutionen ihre Runden, lassen sich dort füttern und streicheln oder machen sogar kleine Kunststücke. Dabei besteht ihre positive Wirkung vor allem aus 2 Aspekten:
- Abwechslung: Hunde sind eine
- Nähe: Neben der
Auch wenn der Besuchshund eigentlich nur Hund sein muss, sind nicht alle für diese Arbeit geeignet. Neben einem tadellosen Grundgehorsam müssen sie eine gute Sozialisierung und ein bestimmtes Wesen mitbringen. Sie sollen beispielsweise die Ruhe bewahren, wenn Menschen mit eingeschränkter Mobilität, Spasmen oder beeinträchtigtem Körpergefühl den Hund beim Streicheln mal unsanft oder unerwartet berühren. So wartet Romy geduldig darauf, freigelassen zu werden, als Anneliese Lämpel sich breitbeinig über sie stellt und
In der relativ kurzen Ausbildung zum Besuchshund werden die Vier- und Zweibeiner auf ihren Einsatz vorbereitet. Dabei lernen die Vierbeiner Rollstühle und Gehhilfen kennen und werden mit ungewohnten Geräuschen vertraut gemacht. Der Zweibeiner lernt in der Zeit die Grenzen des Hundes einzuschätzen. Wenn Romy von den vielen Eindrücken im Seniorenhaus erschöpft ist, signalisiert sie das beispielsweise, indem sie sich hinlegt.
Im Liegen beginnt für andere Hunde wiederum erst die Arbeit – als Therapiehunde.
Eisbrecher für harte Nüsse: Therapiehunde
Therapiehunde begleiten Menschen zum Beispiel bei der Psycho-, Sprach- oder Lerntherapie. Die Psychologin Karin Hediger spricht deshalb lieber von
Das wiederum wirkt sich
- Ego-Boost: Eine gesteigerte Lebenszufriedenheit, ein erhöhtes Selbstbewusstsein und weniger Angst vor Einsamkeit sind nur 3 der messbaren Ergebnisse von Therapiehunden auf der sogenannten psychosozialen Ebene.
- Immun-Boost: Auf der rein körperlichen Ebene kann die Interaktion mit Therapiehunden mit einem niedrigeren Blutdruck einhergehen und den Puls sowie den Spiegel des Stresshormons Cortisol positiv beeinflussen. Begegnen sich Hund und Patient, wird genau wie bei positiv wahrgenommenen menschlichen Begegnungen das
Hunde können also – wenn man sie mag – therapiefördernd und eine echte Wohltat sein. Für manche Menschen werden sie als Assistenzhunde sogar zu unverzichtbaren Helfern im Alltag.
Intelligenter Ungehorsam als Überlebenshilfe: Assistenzhunde
Wenn sich Hündin Millie vor ihr Herrchen stellt und ihn daran hindert weiterzugehen, zeigt sie intelligenten Ungehorsam. Denn ihr Herrchen ist blind und würde ohne Millie ins Gleisbett fallen. Das zu verhindern hat der Vierbeiner in seiner
»Assistenzhunde ersetzen ausgefallene Sinnes- und Körperfunktionen.« – Thomas Hansen, Vorstandsmitglied Associata-Assistenzhunde e. V.
Sie öffnen Türen und lassen ihre Besitzer wissen, wenn es an der Haustür klingelt, sie übergeben dem Kassierer den Geldbeutel und signalisieren eine Unterzuckerung oder einen
Deutschlandweit sind etwa
Hunde können Patienten sogar ohne direkten Kontakt helfen – indem sie beim Diagnostizieren mit anpacken.
Sondereinsatz für Spürnasen: Diagnostikhunde
Labradorhündin Emely macht sich in einem der Testräume der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften in Österreich an die Arbeit. Die Hündin geht an einem Gestell mit 5 menschlichen Atemproben vorbei. An jeder Probe bleibt sie stehen und schnüffelt. 4 Mal geht die Hündin weiter. Doch vor der letzten Probe
Schaue dir hier den Ausschnitt von Quarks zu den Hunden an, die in einer Studie Krebs erschnüffeln (4:40 Minuten).
Als Wissenschaftler zeigten, dass Hunde lernen können, Krebs zu erschnüffeln, war die Hoffnung groß: Sollten sie etwa in der Lage sein,
Doch
Egal ob als Besuchs-, Therapie-, Assistenz- oder Diagnostikhund – die Vierbeiner können unserem Wohlbefinden und unserer Gesundheit
Das Kleingedruckte
Los geht es mit der Überzeugungsarbeit: Bevor Besuchs- und Therapiehunde in einer Einrichtung arbeiten dürfen, müssen häufig erst Mitarbeiter, »Kunden« und die Einrichtungsleitung überzeugt werden. So auch im Konzer Seniorenhaus Zur Buche:
Wir sind ein offenes Haus und alle Hunde sind herzlich willkommen. Irgendwann kamen dann Angehörige und haben uns angeboten, mit ihren Tieren nicht nur die eigenen Eltern, sondern auch andere Bewohner zu besuchen. Daraus entstand dann ein ehrenamtlicher Besuchsdienst.
Hinzu kommen Gesetze und Vorschriften, die beachtet werden müssen. Wer beispielsweise einen Therapiehund einsetzen möchte, benötigt nach § 11 des Tierschutzgesetzes zunächst eine Zulassung dafür. Bezogen auf die Ausbildung des Hundes muss entschieden werden,
Während Besuchs- und Therapiehunde einen mehr oder weniger festen Arbeitsplatz haben, begleiten Assistenzhunde ihre Zweibeiner im Alltag. Auf dem Amt, beim Arzt oder im Supermarkt werden sie aber teilweise daran gehindert, ihren Job zu machen – nämlich dann,
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Thomas Hansen hat sich mit den Zutrittsrechten von Assistenzhunden beschäftigt:
Im § 4 des Behindertengleichstellungsgesetzes heißt es, dass zur Erreichung der Barrierefreiheit die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig ist. Dazu zählen Blindenführhunde und Assistenzhunde. Doch das Gesetz gilt nur für den Bereich von Bundesinstitutionen und nicht für die Privatwirtschaft. Das heißt also: Das Zutrittsrecht von Assistenzhunde-Teams zu Lebensmittelläden, Shoppingmalls, Kliniken oder Museen ist nicht geregelt.
Dort gilt das Hausrecht. Im Einzelhandel erlauben bereits zahlreiche große Ketten in ihrer Hausordnung den Zutritt von Assistenzhunden. Damit stellen sie sich aber – je nach Geschäft – in eine rechtliche Grauzone. Denn in Läden, in denen Lebensmittel verarbeitet oder offen zum Verkauf angeboten werden, ist
Und genau da beißt sich die Katze in den Schwanz: Man sagt, Assistenzhunde haben Zutritt. Aber die Frage, was ein Assistenzhund ist, ist nicht gesetzlich geregelt. Und woran erkennt der Ladenbetreiber, dass es sich um einen ausgebildeten Assistenzhund handelt? Es kann ja jeder behaupten, der Hund sei ein ausgebildeter Assistenzhund, Zertifikate werden von verschiedensten Institutionen erteilt und Kenndecken sowieso.
Wenn Besitzer von Lebensmittelläden den Zutritt verweigern, würden sie sich demnach erst einmal richtig verhalten. Auf der anderen Seite stehen Betroffene, die sich diskriminiert fühlen. So
Außerdem lauern überall dort, wo Hunde mit Menschen in Kontakt kommen, die nicht ihre Besitzer sind, mögliche Konflikte:
- Angst: Immer dann, wenn Romy zu Besuch kommt, gibt es eine Pflegerin, die sich gar nicht freut. Sie hat Angst vor Hunden, flüchtet hinter die Küchentheke und verbarrikadiert den Zugang mit einem Essenswagen. Romys Besitzer Wolfgang Heles fragt im Zweifelsfall nach, ob jemand Hunde mag, und versucht diejenigen zu meiden, die das nicht tun oder Angst haben.
- Hygienebedenken: Ja, Hunde sind
- Akzeptanz: »Der Köter hat hier nichts zu suchen!«, schimpft eine Seniorin lauthals, wenn sie Romy sieht. Viele Menschen wissen nicht, dass es Besuchshunde gibt oder wozu Assistenzhunde da sein sollen. Wieso sollte ein Hund mit im Wartezimmer sitzen dürfen, während der eigene Vierbeiner draußen angeleint bleiben muss? Vor allem dann, wenn der Begleiter des Assistenzhundes
- Allergien: Manche Menschen sind gegen Hunde allergisch und froh, wenn sie in öffentlichen Gebäuden keinen Hunden begegnen. Auch hier geht es um Akzeptanz und Kommunikation – kaum jemand würde einem blinden Menschen sagen: »Mit Hund kommst du nicht rein«, oder?
- Neid: Wo es »Sonderrechte« gibt, sind auch Neider nicht weit. Aus den USA gibt es Berichte von »fake service dogs«, also untrainierten Hunden, die mit einer Assistenzhundeweste herumlaufen und
Was also muss hier passieren, damit der Einsatz von Hunden im Gesundheitssystem besser wird – für Mensch und Tier?
Was muss sich ändern?
Mindestens 2 Dinge:
- Einheitliche Standards: In Deutschland gibt es
- Ethische Arbeitsbedingungen: Kein Mensch sollte 24 Stunden lang arbeiten. Warum sollten Hunde es tun? Auch sie sind Lebewesen mit Bedürfnissen und keine Maschinen. Deshalb sind bessere Studien zur Frage nötig, wie sich die Arbeit der Hunde
Bis dahin hofft Blindenführhündin Millie, dass Außenstehende sie in Ruhe ihren Job machen lassen. Das bedeutet konkret:
Derweil besucht Romy weiterhin jeden Dienstag das Seniorenhaus Zur Buche. Dort ist Anne Müller gerade am Kegeln. Egal was die Pflegekräfte sie fragen, sie antwortet immer nur mit »Wawawa«. Wolfgang Heles gibt ihr ein Stück Möhre für den Hund und fragt sie: »Weißt du, wer das ist?« – »Ro-my«, sagt sie lächelnd. Wolfgang Heles schaut die anwesende Pflegerin erstaunt an: »Wenn sie will, dann kann sie.« Romy geht weiter. Anne Müller zeigt auf die Kugel und sagt: »Wawawa!«
Titelbild: Patrick Tomasso - CC0 1.0