Hurra, die Akkus explodieren!
Wir brauchen saubere Energie. Die wird es nicht ohne gute und günstige Akkus geben – und zwar in rauen Mengen. Die gute Nachricht: Wir sind fast so weit.
Es herrscht Goldgräberstimmung: Nicht nur in Deutschland sprießen Forschungszentren aus dem Boden, weltweit formieren sich ganze Heerscharen weißer Kittelträger, bewaffnet mit Klemmbrettern und Kugelschreibern.
Regierungen verteilen großzügig
Falko Schappacher spaziert in weißem Kittel und mit Schutzbrille durch die Labore. Er erforscht am
Was es 2006 in Deutschland an Elektrochemie gab? Vielleicht ein bisschen Grundlagenforschung hier und da, aber sonst nicht viel. Man hat gemerkt, man muss was tun. Und man hat Förderinstrumente in die Hand genommen, die gewirkt haben. Was in den 1990er-Jahren die Nanotechnologien waren, sind seit 2010 die Lithium-Batterien: Wer schreit, kriegt Geld.
Der Zeitpunkt, an dem die Akkus übernehmen
Niemand möchte sich später vorwerfen lassen, den richtigen Zeitpunkt verpasst zu haben, ab dem alles ganz schnell ging: Diesel und Benziner sind
Niemand möchte sich später vorwerfen lassen, den richtigen Zeitpunkt verpasst zu haben.
Schon in den letzten Jahren haben die aufladbaren Stromspeicher unsere Welt infiltriert: Sie machen die Vernetzung und Verkabelung unseres Alltags erst möglich, weil sie Smartphones und Laptops überall zum Leben erwecken.
Ein Mobiltelefon ist allerdings ziemlich mickrig im Vergleich zu einem Familien-Van, der darüber hinwegrollt. Ähnlich gering ist die Bedeutung mobiler Elektronik im Vergleich zur Elektromobilität, was die Anforderungen und das Ausmaß der Akkus angeht: Der Akku in einem E-Auto muss 1000-mal größer, stärker und ausdauernder sein als in einem Handy. Weil der gesamte Akku eines Autos aus vielen hunderten oder tausenden Zellen besteht, steigert jedes Gramm Übergewicht einer einzelnen Zelle sein Gesamtgewicht tausendfach, jeder unnötige Euro Produktionskosten summiert sich und verteuert den Wagen um den Monatslohn eines möglichen Kunden.
Ähnliches gilt für die
Zur Erinnerung: Der Grund für diesen Kraftakt ist der
Schicht für Schicht: Der McAkku
Zurück zur Frage, wann genau die Akku-Lawine ins Rutschen kommt. Die Antwort: Wenn Akkus gut genug sind, wenn Akkus billig genug sind – und wenn wir die Kapazitäten haben, Akkus in rauen Mengen herzustellen. Aber der Reihe nach. Denn um zu verstehen, wie wir Akkus gut und billig machen, müssen wir erst einmal verstehen, wie ein Akku überhaupt funktioniert.
Kurz und schmerzlos, versprochen: Im Wesentlichen gleicht eine Batteriezelle einem plattgedrückten Burger aus verschiedenen Schichten. Die Brötchen bestehen aus 2 dünnen Folien, die eine aus Aluminium, die andere aus Kupfer. Sie sehen tatsächlich aus wie die Alufolie aus der
Falko Schappacher steht vor einer Glasscheibe, hinter der
Auf der einen Folie ist eine extrem dünne Schicht Graphit aufgetragen, die einer fast schwarzen, hauchzarten Glasur aus Zartbitterschokolade
Selbstverständlich braucht das Ganze eine gute Sauce, die alles miteinander verbindet: Die gesamte Zelle wird in einem Elektrolyten mariniert, einer Salzlösung, durch die die Ionen hindurchfließen können. Ein ganzer Akku, also ein Menü, besteht aus vielen solcher Einzelzellen, die eine Verpackung zusammenhält. Außerdem gehören Kabel, Elektronik und weitere Teile dazu – also neben vielen Burgern auch Pommes, ein Getränk, Servietten, das ganze Programm eben.
Sitzen die Sesamkörner (Lithium-Ionen) in der Zartbitterschokolade (Graphitschicht), ist der Akku geladen. Beim Entladen treten sie den Rückweg durch den Burger an.
1. Ist der Akku leer, sitzen die Lithium-Atome (Sesam-Körner) in der Anode. 2. Beim Ladevorgang geben sie ein Elektron ab, das durch den Stromleiter zur Kathode fließt, während das Lithium-Ion nun durch die Batterie, also durch die Sauce und das Salatblatt, zur Graphit-Kathode wandert (Schokoladenschicht). 3. Hier sitzen die Ionen solange, bis man die Energie wieder aus der Zelle holt, und 4. einen Verbraucher anschließt. Dann treten sie den Rückweg an.
Grundsätzlich sind alle Akkus nach diesem Prinzip aufgebaut. Bei jedem einzelnen Teil allerdings gibt es endlose Möglichkeiten zur Variation. Materialien, Formen, Herstellungsverfahren:
›Man sollte am Anfang ein bisschen Gehirnschmalz reinstecken, welche Zutaten man verwendet‹, sagt Falko Schappacher. Er steht vor einer großen Glasvitrine, in der ein Roboter-Arm viele kleine Gläschen mit Chemikalien befüllt. Die Maschine mischt verschiedene Zusatzstoffe in die Elektrolyt-Flüssigkeiten, die später auf ihre Eigenschaften getestet werden.
Wir brauchen gute Akkus
Was macht jetzt einen guten Akku aus? Die Anforderungen an Akkus für die Straße sind die höchsten, gut bedeutet hier vor allem: Der Akku muss leicht und sicher sein, und der Fahrer muss ihn schnell laden können –
- Leicht: Das Gewicht spielt für den Einsatz in Elektro-Autos die entscheidende Rolle. Denn jedes Kilogramm, das das Auto mehr wiegt, erhöht den Verbrauch und senkt die Reichweite.
Wie man am Tesla sieht, genügt das, um auch mit Mittelklassewagen 200–300 Kilometer durchs Land zu kurven. Für größere Wagen sind in den nächsten Jahren sicher auch Reichweiten von 500 Kilometer machbar. Genügend –
Wie erreichen die Forscher diese Steigerung? Denken wir zurück an den Burger: Die Lithium-Ionen setzen sich in der geladenen Batterie in die Zartbitterschokolade, also die Graphitschicht auf der Alufolie. Je mehr Ionen Platz darin finden, desto höher die Energiedichte. Das Innenleben der Schokoschicht gleicht einer Höhle mit vielen kleinen Tunneln und Vorsprüngen. Diese gilt es einerseits groß genug zu machen, sodass gerade noch ein Ion hindurchpasst. Gleichzeitig müssen die Gänge möglichst klein sein, damit kein Platz verschenkt wird. Bei der perfekten Konstruktion und Architektur dieser Schächte gibt es immer wieder
Auf lange Sicht wäre es wünschenswert, ganz auf die schwere Graphitschicht zu verzichten und die Ionen direkt an der Kathode, der Alufolie, einzulagern. Das ist bisher nicht möglich, weil Lithium sehr reaktionsfreudig ist und der ganze Burger
Im nächsten Laborraum stehen mannshohe, graue Maschinen, die an Computer aus den 1960er-Jahren erinnern. Im Hintergrund rauscht ein Lüfter. Aus jedem der Maschinenschränke ragen flache Kunststoff-Platten, die aussehen wie kleine CD-ROM-Laufwerke. Sie halten Knopfzellen, in denen die zuvor angerührten Elektrolyte stecken. Die kleinen Batterien werden immer wieder geladen und entladen, um die Flüssigkeiten zu testen – die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen.
- Schnell: Wir sind es gewohnt, bis zu 1.000 Kilometer mit unserem Auto zu fahren, bis der Sprit ausgeht. Dann fahren wir an die Tankstelle, stecken den Zapfhahn in den Stutzen, werfen einen kurzen Blick aufs Handy oder in die Landschaft – und schon können die nächsten 1.000 Kilometer kommen. Denn der Tank ist nach wenigen Minuten wieder voll.
Einen Akku zu laden, dauert wesentlich länger. Der Flaschenhals sind die gemütlichen Lithium-Ionen: Sie lösen sich nur relativ langsam aus ihrem Graphit-Nest und wandern gemächlich durch den Elektrolyten und den Separator. Drängt man sie zu sehr und will den Akku zu schnell laden, machen sie ihrem Unmut Luft:
Hängt man sein E-Auto an die 230-Volt-Steckdose, dauert es viele Stunden, bis die Fahrt weitergehen kann. Mit Starkstrom und gut eingestellter Elektronik schafft es der Tesla S am
Ob wir einen Akku jemals so schnell füllen können wie einen Tank? Was wir allerdings sofort tun können: - Sicher: Akkus, die heute in Autos verbaut werden, erfüllen hohe Sicherheits-Standards. Neue Technologien müssen zahlreiche Tests durchlaufen, bevor sie zugelassen werden. Die anfälligste Komponente in den Zellen ist der Elektrolyt, dessen Anteil in der Zelle aber immer weiter reduziert wird. Separatoren aus festem Material versprechen, sehr viel sicherer zu sein und könnten die Flüssigkeiten früher oder später ersetzen.
Bis das soweit ist, ist aber nicht nur die Zelle selbst wichtig, sondern auch die Elektronik und die Verpackung. Die Elektronik muss dafür sorgen, dass die Zellen nicht zu schnell geladen und entladen werden – dabei entsteht nämlich am meisten Wärme. Sensoren müssen die Temperatur überwachen und rechtzeitig erkennen, dass eine Zelle durchzubrennen droht. Und natürlich müssen die Zellen so verpackt sein, dass die Batterieteile im Falle einer Explosion dem Fahrer nicht um die Ohren fliegen.
Aus sehr soliden Akkus werden in wenigen Jahren sehr gute.
Als Fazit kann man ziehen: Die Akkus sind bereit. Aus heute schon sehr soliden Akkus werden in wenigen Jahren sehr gute Akkus werden. Das sind keine Mutmaßungen, sondern zuverlässige Vorhersagen. Denn für den letzten Feinschliff sind keine technischen Revolutionen nötig, wir müssen lediglich eine bewährte Technik schrittweise verbessern. Der hohe Aufwand und das viele Geld, das derzeit in diese Entwicklung fließt, machen die Verbesserungen
Wir brauchen billige Akkus
Der Klimawandel ist ein ziemlich starkes Argument dafür, seinen Benziner sofort zu verschrotten und ihn durch ein E-Auto zu ersetzen – zumindest für alle, die nicht aufs Rad oder öffentliche Verkehrsmittel umsteigen können oder
Derzeit kosten die meisten Zellen noch zwischen 200 und 300 Euro pro kWh. Ein Kleinwagen wie der Renault ZOE kostet so über 20.000 Euro – mehr als doppelt so viel wie ein Verbrenner derselben Klasse. Gerade beim Preis lohnt aber ein Blick in die Vergangenheit: 2010 lag er noch zwischen 700 und 1.000 Euro pro kWh.
Wie schaffen es die Auto- und Akkuhersteller, den Preis so zuverlässig in den Keller zu treiben? Mit immer besseren Herstellungsverfahren, günstigeren Materialien – und Masse, Masse und nochmals Masse.
- Materialien und Herstellung: Dass immer mehr Energie in immer kleinere Akkus passt, haben wir oben gesehen. Im Umkehrschluss heißt das: Es werden immer weniger Rohstoffe gebraucht, um eine bestimmte Menge Energie unterzubringen – ein Kosten-Sparpunkt. Die steigende Nachfrage nach Rohstoffen wie Lithium, aber auch Kobalt und Kupfer, kann den Preis ebenso
Akkus werden nicht von Händen zusammengelötet, sondern von Roboterarmen. Der Markt für diese Akku-Maschinen wächst Jahr für Jahr - Masse:
Damit sind wir am letzten und entscheidenden Punkt angekommen:
Wir brauchen viele Akkus
Damit die Akkus uns helfen können, die schlimmsten Folgen des Klimawandels abzuwenden, müssen wir sie bauen. In großen Mengen. Dann treten auch die Skaleneffekte ein.Wir müssen Akkus bauen. In großen Mengen.
Die Industrie liefert sich derzeit ein wahres Wettrüsten, was die Produktionskapazitäten angeht.
Allen voran geht Tesla. Mit der Gigafactory, die dieses Jahr mit der Produktion beginnt, geben die Kalifornier den Takt an: Rund 5 Milliarden US-Dollar (ca. 4,5 Milliarden Euro) hat Tesla in die Fabrik investiert. Es ist das größte Fabrikgebäude, das die Welt jemals gesehen hat,
Die Fabriken dieser Welt bauen derzeit knapp 100 Gigawattstunden (GWh) im Jahr. Allein mit den Fabriken, die heute in Planung sind, werden es bis 2020 wohl über 250 GWh sein. Auch in
Als Naturwissenschaftler bin ich den ganzen BWLern gegenüber skeptisch eingestellt. Aber was auf den Konferenzen vorgestellt wurde, passt so.
Unterm Strich sind Akkus technisch fast ausgereift, ihre Produktion ist auf massentauglichem Level und die Fabriken stehen bald. Ihr Siegeszug ist wohl kaum zu stoppen. Sie sind bereit, ihren Dienst an der Umwelt zu tun, unseren Verkehr und unsere Energieversorgung nicht ein bisschen, sondern sehr viel grüner zu machen. Es herrscht Goldgräberstimmung, denn es geht um viel – und es gibt viel zu holen.
Titelbild: Silabob - copyright