Ich gehöre zur »Risikogruppe« – und habe euch etwas zu sagen
Insa leidet an einer chronischen Krankheit. Abstandhalten und strenge Hygiene sind für sie seit Jahren Alltag. In der Coronakrise fallen ihr erstaunliche Dinge auf – weshalb sie unserer Redaktion diesen Brief schreibt.
Ich bin Insa, 45 Jahre alt, und ich nehme Medikamente, die mein Immunsystem drosseln. Seit mehr als 10 Jahren lebe ich mit Multipler Sklerose, einer chronischen Erkrankung des zentralen Nervensystems. Bei dieser schwelenden Entzündung in Gehirn und Rückenmark, die meist schubförmig ausbricht, lernt man zwangsläufig, mit Unsicherheit zu leben. Beispielsweise mit der Ungewissheit darüber, ob das, was gestern ging, morgen auch noch möglich sein wird. Oder mit der Angst, den Verlauf dieser zerstörerischen Krankheit durch zusätzliche psychische und körperliche Belastungen zu verschlimmern. Man lernt zu leben mit der Frage, wo Vorsicht und Selbstschutz anfangen, Lebensqualität zu zerstören, und ob sich das überhaupt gegeneinander aufrechnen lässt.
Ich war im Grunde auf die Coronamaßnahmen perfekt vorbereitet, denn ich lebe seit einigen Jahren in einer selbst gewählten Dauerquarantäne. Ich plane so wenig wie möglich über den Tag hinaus, meide große Menschenansammlungen und behalte die Erkrankung auf diese Weise gut im Griff. Ich bin dankbar, dass ich von einem solidarisch finanzierten Gesundheitssystem profitiere, also – zumindest pharmazeutisch gesehen – bestmöglich behandelt werden kann.
Aber oft schon habe ich mir gewünscht, dass in meinem sozialen Umfeld – nah und fern – mehr selbstverständliche
Titelbild: Eric Antunes