Studie: Wenn alle so viel Energie nutzen, wie sie brauchen, ist das Klimaproblem gelöst
Für ein »gutes« Leben brauchen wir viel weniger, als wir heute haben. Warum uns trotzdem die Klimakatastrophe droht? Weil die Reichen weiter im Exzess leben.
Wenn man sich auf die Suche nach den Verantwortlichen für den Klimawandel macht, kann man viele Abzweigungen nehmen – und entsprechend viele unterschiedliche Antworten finden.
Doch der vielleicht zuverlässigste Indikator, ob eine heute lebende Person viel zum Klimawandel beiträgt, ist ihr Reichtum (was vielleicht auch daran liegt, dass Reichtum der Querschnitt der oben genannten Personengruppen ist).
Die Reichen verbrauchen die Ressourcen aller – auch beim Klima
Erst Ende September veröffentlichte Oxfam eine
- Die reichsten 10% der Weltbevölkerung sind für über die Hälfte der Treibhausgasemissionen verantwortlich, die 1990–2015 in die Atmosphäre gewandert sind. (Das reichste eine Prozent ist für rund 15% aller globalen Emissionen verantwortlich.)
- Die reichsten 10% haben in dieser Zeit etwa 1/3 des verbleibenden CO2-Kontingents verbraucht, das der Welt zur Verfügung steht, wenn das 1,5-Grad-Ziel halten soll. Die ärmeren 50% der Weltbevölkerung hingegen haben gemeinsam nur 4% dieses Kontingents verbraucht.
- In dieser 25-Jahres-Zeitspanne sind die globalen Emissionen um 60% gestiegen. Mehr als 1/3 dieses Anstiegs ist allein auf die reichsten 5% der Menschen zurückzuführen. Die Emissionen des reichsten Prozents sind 3-mal so schnell gewachsen wie die der kompletten ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung.
Das unterstreicht einmal mehr, dass es im Kampf gegen die Klimakatastrophe mehr auf eine Handhabe gegen den exzessiven Konsum der Wohlhabenden ankommt als auf die vielen, vielen Menschen, die sich einen etwas besseren Lebensstandard erhoffen. Ein Argument, das Klimaforscher:innen
Jegliche Transformation hin zur Nachhaltigkeit kann nur gelingen, wenn technologische Fortschritte von weitreichenden Änderungen des Lebensstils begleitet werden. (Any transition towards sustainability can only be effective if far-reaching lifestyle changes complement technological advancements.)
Darin zeigen die Autor:innen nicht nur, dass auch der exzessive Verbrauch anderer Ressourcen wie Wasser, Böden und Rohstoffen stark mit dem Wohlstand korreliert, sondern auch welche Auswege sie sehen. Es geht um bekannte Debatten wie bessere Energieeffizienz oder geschlossene Ressourcenkreisläufe.
Entscheidend sei aber auch, 2 Sorten von Konsum zu unterscheiden. Auf der einen Seite Konsum, der die Lebensqualität deutlich verbessert, Menschen aus der Armut hebt und es ihnen ermöglicht, ein gutes Leben zu führen. Also: Essen auf dem Teller, ein Dach überm Kopf, Teilhabe am sozialen Leben.
Und auf der anderen Seite eben Konsum, der massiv Ressourcen frisst, den Menschen aber unterm Strich keinen entscheidenden Gewinn an Lebensqualität gibt. Also: 4 Flugreisen im Jahr, Zweit- und Drittwagen, riesige Häuser, Shoppen aus Langeweile.
Die Autoren betonen explizit, dass das nicht einfach ist; jeder Mensch hat andere Bedürfnisse und diese zu vergleichen und gegeneinander abzuwägen ist schwierig. Aber nicht unmöglich – und schlicht notwendig, um einen Kollaps der natürlichen Systeme zu verhindern.
Die Vermessung des Exzesses
Wie eine solche Abwägung trotz aller Schwierigkeiten aussehen kann, zeigten Wissenschaftler:innen jüngst
Gehen wir etwas ins Detail: Zunächst steht die Frage im Raum, was die Grundbedürfnisse ausmacht. Die Autoren landen, basierend auf einem kurzen Marsch durch Jahrtausende der Philosophie, aber auch zeitgenössische Studien bei folgender Liste:
- Ernährung: Nahrung, Kochutensilien und Kühlungsmöglichkeiten
- Behausung und Lebenssituation: Genügend Wohnraum, Wärmekomfort, Beleuchtung
- Hygiene: Wasserversorgung, Warmwasser, Abfallentsorgung
- Kleidung: Bekleidung, Waschmöglichkeiten
- Gesundheitsversorgung: Krankenhäuser
- Bildung: Schulen
- Information: Mobiltelefon, Computer, Netzwerke und Datencenter
- Mobilität: Fahrzeugproduktion, Fahrzeugantrieb, Transportinfrastruktur
Im nächsten Schritt errechnen die Wissenschaftler:innen, wie viel Energie in den verschiedenen Ländern nötig ist, um diese Bedürfnisse in, laut ihren Annahmen, »großzügiger« Manier zu befriedigen. Und landen bei
Bemerkenswert sind 2 Feststellungen der Autor:innen: Die meisten Länder der Welt verfügen längst über diese Energiemengen pro Person, sie könnten mit gleicherer Verteilung also dafür sorgen, dass alle Menschen genügend Energie zur Verfügung haben. Und zweitens liegt die Menge an Energie, die wir auf der gesamten Welt benötigen, damit alle ein gutes Leben führen können, deutlich unter den Mengen, die uns heute und auch in Zukunft zur Verfügung stehen.
Kurz gesagt: Es ist genug für alle da, aber nur wenn uns genug auch wirklich genug ist.
Hier findest du die beiden anderen aktuellen Dailys:
Titelbild: Daniel Barnes - CC0 1.0