Warum Elon Musk verbeamtet werden sollte
Die Wirtschaft steckt voller Ideen, die Zukunft ist zum Greifen nah. Wäre da nicht der träge Staat ... Stimmt nicht! Ohne den Staat wäre dein Smartphone ziemlich dumm.

An echten Innovationen wird in Garagen und dunklen Kellerräumen gebastelt. Steve Jobs, Marc Zuckerberg und Elon Musk stehen sinnbildlich für die Innovations-Helden der Moderne. Sie sind die Herrscher des Silicon Valley und erschaffen unsere Zukunft: iPhone, Facebook und selbstfahrende E-Autos. Privat-Unternehmen haben die Ideen, der Fiskus kassiert ab. Zumindest ist das das Bild, das uns gern vermittelt wird.
Diese Heldengeschichte ist jedoch nicht vollständig. Der Held im Hintergrund ist einer, der (im Prinzip) unser aller Interessen vertreten sollte: der Staat.
Manche Wirtschaftswissenschaftler behaupten sogar, der Staat sei der größte Treiber für Innovationen. Die Idee dahinter klingt einfach: Wenn wir ein klares Ziel setzen, kann der Staat mehr als nur »Märkte reparieren« – er kann auch neue Märkte schaffen und gesellschaftliche Probleme lösen. Egal, ob Luftfahrt oder
ob oder Wenn wir als Gesellschaft ein klares Ziel – eine Mission – haben, können wir dort Innovationen vorantreiben, wo sie am dringendsten benötigt werden: Gesundheit fördern, Emissionen reduzieren, Energie-Unabhängigkeit schaffen.Zeit, um die Rolle des Staates neu zu denken.
Der Staat hat dein Telefon »smart« gemacht
Die Wirtschaftswissenschaftlerin Mariana Mazzucato macht genau das. Mazzucatos »The Entrepreneurial State (US edition)«, S. 116 (englisch, 2015) Sie fragt: Was macht dein Smartphone smart? GPS, Touchscreen, riesiger Speicherplatz, Internetanbindung und »Siri«, die du alles fragen kannst. All das unterscheidet das »smarte« Telefon vom »dummen«. Der Punkt ist: Nichts davon wäre etwa Steve Jobs in seiner Garage eingefallen. All das sind Innovationen, die der Staat geschaffen hat. Hinter dem Global Positioning System (GPS) steckt das US-Militär, ohne die amerikanische Central Intelligence Agency (CIA) gäbe es keinen Touchscreen und das Internet verdanken wir wiederum dem amerikanischen Militär und der Europäischen Organisation für Kernforschung in der Schweiz (CERN).

Das Team von Apple hat diese und andere Technologien optimiert und in einem Gerät kombiniert. Auch das ist innovativ. Innovative Endprodukte wie das iPhone fallen nicht vom Himmel, sie bauen in der Regel auf bereits vorhandener Vorarbeit auf.
Mit ihrer These des Staates als Innovator wurde Mariana Mazzucato zum intellektuellen Star. Die Professorin mit italienischen Wurzeln lehrt eigentlich an der englischen Universität von Sussex, die letzten Jahre wurden für sie aber zu einer Odyssee, um das Heldenbild der Gates, Jobs und Zuckerbergs um eine Facette zu erweitern: die des Staates. Mittlerweile berät sie Regierungen und Parteien auf der ganzen Welt. 2016 war sie auch mehrmals im deutschsprachigen Raum zu Besuch und Mazzucatos und Gabriels Rede beim SPD-Forum (deutsch nachgesprochen, 2016) traf Sigmar Gabriel und Mazzucatos und Christian Kerns Rede (deutsch übersetzt, 2016) Christian Kern.
Deutschland erntet vor allem Lob für seine Innovations-Arbeit der letzten Jahre: Das Programm zur Energiewende, bei dem die langfristige Vision einer CO2-neutralen Energiegewinnung maßgeblich ist;
Mazzucatos »The Entrepreneurial State (US edition)«, S. 169 (englisch, 2015)
der Staat hat die Vision eines Marktes für erneuerbare Energien zum Leben erweckt.
Politische Mittel und Investitionen haben diesen Markt rapide wachsen lassen. Auf Seite der Investitionen sind staatliche Banken wie die vor allem aber das
Das sind 2 Aspekte, die auf europäischer Ebene Mazzucato über Forschung und Entwicklung in Deutschland (englisch, 2015) eher selten als wichtige Faktoren für wirtschaftliches Wachstum und Stabilität kommuniziert werden. Stattdessen geht es meist um Die Berichterstattung zur sogenannten Griechenlandkrise ist bezeichnend dafür.
Klar ist also: Innovationen sind wichtig und werden nicht nur durch ambitionierte Bastler in Vorstadt-Garagen, sondern auch durch Behörden-Tüftler vorangetrieben. Bevor wir über Chancen und Risiken neuer Innovationen sprechen, lohnt es sich, kurz innezuhalten und zu fragen: Was eigentlich ist eine Innovation?
Was »innovieren« wir da eigentlich?
– Duden
Ziemlich vage, »Innovation« im Duden die offizielle Definition im Duden. Und das, obwohl »Innovation« das Modewort in Privatwirtschaft und Regierungskreisen ist. Halten wir fest: Grob gesehen steht Innovation für neue Ideen, die zu einem Mehrwert für den Endverbraucher führen. Dabei geht es nicht nur um technologische Neuerungen und Erfindungen aus dem Labor, sondern um alles, was gesellschaftlich Anwendung findet.
Wie bei solchen Trendwörtern üblich, ist jedoch unklar, was genau »Anwendung« oder »Anwendbarkeit« in diesem Zusammenhang bedeutet. Vielleicht etwas, das verkauft werden kann. Oder Ideen, die der Gesellschaft dienen. Um mich nicht in Begriffserklärungen zu verlieren, nutze ich hier eine weitestgehend neutrale Definition: Eine Innovation ist eine Verbesserung eines Produkts, eines Prozesses oder einer Technologie. Das heißt nicht, dass die Frage nach der Bedeutung des Wortes Innovation abschließend geklärt ist; es ist gut und wichtig, weiter darüber zu sprechen, was genau eine Innovation ausmacht.
Bevölkerungswachstum oder Innovation für wirtschaftliches Wachstum?
Fest steht, dass Innovation neben Bevölkerungswachstum die einzige Möglichkeit für Hier habe ich über die Frage geschrieben, wie wir Wachstum messen (können) langfristiges wirtschaftliches Wachstum ist. (Es geht hier nicht um die Frage, ob dies gewünscht oder sinnvoll ist.) Kurzum: Innovationen führen zu mehr Produktivität, Felix Austen schrieb hier über den Zusammenhang zwischen Effizienz und Suffizienz weniger Menschen können mehr produzieren.
Diese scheinbar harmlose Aussage offenbart bereits die erste Zwickmühle: Angenommen, Innovationen sorgen nicht für neue Märkte, sondern schrauben nur an der Produktivität. Dann können sie sich auf Dauer stark auf den Arbeitsmarkt auswirken, weil Arbeitsplätze wegfallen. Diese Weltsicht ist jedoch zu einfach. Wir müssen nur an die digitale Revolution denken, die zahlreiche neue Jobs hervorgebracht hat.
Es ist also nicht verwunderlich, dass Innovation in der ökonomischen Forschung eine
ist: Man nehme den Staat, Unternehmen, Arbeitende und Geld, stecke es in die Box, dann passiert etwas nahezu Magisches in der Box und heraus kommt Wachstum. Dieses Magische ist die Innovation. Auch wenn wir mittlerweile besser verstehen, unter welchen Umständen Innovationen wahrscheinlich sind, bleibt es ein waghalsiges Unterfangen, vorherzusagen, wann und wie genau Innovationen stattfinden. Wichtige Zutaten sind auf jeden Fall Investitionen in Bildung, Forschung und Kooperationen, wie die Zusammenarbeit bei den Fraunhofer-Instituten.Eine weitere Zutat auf der Input-Seite der »Black Box« ist Geduld. Nicht gerade eine Eigenschaft, durch die sich heutige Finanzmärkte und politische Strukturen auszeichnen. Das häufig genannte Gegenargument für langfristige Investitionen lautet: zu hohes Risiko. Genau diese Argumentation bringt uns zurück zur Rolle des Staates. Er ist in der Lage, große, unsichere Investitionen zu realisieren. Ohne zu wissen, was am Ende der »Black Box« herauskommt, spielt er als Risikonehmer eine zentrale Rolle.

Der Staat als Risikoträger
Auch heute sehen viele einflussreiche Politiker und Wirtschaftswissenschaftler den Staat noch immer als einen Spieler, der so wenig wie möglich in den »Markt« eintreten sollte. Vor allem dann, wenn es um Innovationen geht. Die Aufgaben des Staates sollten sein: Menschen ausbilden und ein wenig Grundlagenforschung bezahlen. Das würde reichen. Allerdings lässt sich Grundlagenforschung nur schwer von Innovation trennen. Gibt es eine Grenze, an der das eine aufhört und das andere anfängt?
Fast 90% preisgekrönter Innovationen gehen teilweise oder vollständig auf Staatskosten
Wie das Beispiel des iPhones eindrücklich zeigt, entspricht diese Vorstellung nicht der Realität: Der Staat hat die einzelnen technologischen Innovationen finanziert und vorangetrieben. In Zahlen bedeutet das: Arbeitspapier »Qualitative Beurteilung von US-Innovationen im Zeitraum 1970–2006« (englisch, 2011) Von 88 amerikanischen, preisgekrönten Innovationen zwischen 1970 und 2006 gehen 77 – also knapp 90% – teilweise oder vollständig auf staatliche Finanzierung zurück.
Schauen wir kurz auf die USA, die häufig als Paradebeispiel einer innovativen Wirtschaft dienen. In der die Elons, Steves und
die Wirtschaft vorgeblich im Alleingang mit genialen Eingebungen vorantreiben. Sicher: Sie liefern einen wichtigen Mehrwert, indem sie bestehende Forschungsergebnisse in kommerziellen Produkten verknüpfen. Aber sie sind nicht diejenigen, die das größte Risiko eingehen. Dieses Risiko trägt der Staat mit der durch ihn finanzierten Forschungsarbeit und mit seinen Investitionen in junge Unternehmen.Ein Beispiel: Die USA investieren jährlich ca. 30 Milliarden US-Dollar in medizinische Forschung an den Marcia Angells Erfindungen (2004), publiziert in »The Entrepreneurial State«, S. 73 (englisch, 2015) 75% aller medikamentösen Durchbrüche zwischen 1993 und 2004 haben ihren Ursprung in staatlicher Forschung.
Sie sind es, die medizinische Innovation vorantreiben: Ein Großteil neuer Arzneimittel, die durch private Pharmaunternehmen auf den Markt gebracht werden, sind Variationen von bereits bestehenden Medikamenten, die sehr häufig mithilfe der NIH entwickelt wurden. Es gilt auch hier:
– Mariana Mazzucato
Wir, die Steuerzahler, tragen die größeren finanziellen Risiken. Der Staat bildet uns aus. Ohne Garantie dafür, dass wir unsere Bildung nutzen werden. Der Staat investiert in Forschung. Ohne sicher sein zu können, dass diese zu neuen Einsichten führt, die sich auszahlen. Der Staat investiert außerdem in anwendbare Technologien und Firmen. Ohne wissen zu können, ob diese irgendwann Marktreife erlangen.
Woher kommt unser Bild vom Staat als »jemandem, der sich besser nicht einmischen sollte«?

»Fauler Beamter« gegen »heldenhaften Unternehmer«?
– Bill Gates’ Antwort auf die Frage, welche Rolle der Staat bei der Energiewende spielt
Das Bild vom passiven Staat hat natürlich viel mit der Idee zu tun, dass »der Markt« fast alle Herausforderungen selbst lösen könne. 2 häufig genannte Einwände gegen den Staat als »Innovator« stehen exemplarisch für diese Idee:
- Der Staat kann keine »Gewinner« auswählen
Es stimmt, nicht alle staatlich geförderten Projekte sind erfolgreich, egal, ob in Form von Subventionen oder durch direkt finanzierte Forschungs- und Entwicklungs-Projekte. Als erfolgloses Beispiel wird gern die Concorde genannt. Für die jüngeren Leser ist vielleicht die gescheiterte Solarfirma Solyndra eher ein Begriff. Dabei gingen 500 Millionen US-Dollar aus Staatskassen verloren. Beide Projekte sind markttechnisch gesehen ein Misserfolg. Allerdings gilt generell: Auf jede erfolgreiche Innovation kommen viele Misserfolge. Neben Solyndra hat der amerikanische Staat auch in erfolgreichere Innovationen im Bereich sauberer Energie investiert: Beispielsweise Die LA Times hat die staatliche Unterstützung für Elon Musk berechnet (englisch, 2015) flossen fast 5 Milliarden US-Dollar in die verschiedenen Unternehmen von Elon Musk.
Ein globaler Blick offenbart auch, dass zahlreiche Länder bestimmte Industrien nur mit großer Staatsbeteiligung aufbauen konnten; nicht selten werden mit staatlicher Hilfe einzelne Unternehmen zu Marktführern. Vor allem asiatische Länder sind dabei besonders erfolgreich. Toyota verdankt seine Existenz riesigen staatlichen Investitionen. Ha-Joon Changs Buch »23 Things they don’t tell you about capitalism«, Kapitel 12 (englisch, 2011) POSCO, eines der weltweit größten Stahlunternehmen, besteht nur dank des Willens und der Geduld der südkoreanischen Regierung.
Zwischen-Fazit: Auch wenn der Staat nicht immer über Erfolg und Misserfolg privatwirtschaftlicher Unternehmen entscheidet, hat er durchaus die Möglichkeit mitzubestimmen, wer gewinnt – und wer verliert. - Zuviel Bürokratie: Geld vom Staat fehlt der »Überlebensdrang«
Wer kennt sie nicht, die Witze über Beamte, die mit Stechuhr auf den Feierabend um 15 Uhr »hinarbeiten«. Das Bild vom trägen Staatsapparat stimmt sicher teilweise. Ein ausgeprägter Hang zum Bürokratischen kann dafür sorgen, dass Entscheidungen im Schneckentempo gefällt werden.
Der Zyniker mag denken: »Es ist genug Geld in den Töpfen. Druck gibt es kaum, also machen wir einfach irgendwas.« Geld ist jedoch nicht alles und nicht der einzige Antrieb menschlichen Handelns. Im Gegenteil: Für die meisten Menschen sind es »Macht deine Arbeit Sinn?«, fragt Maren Urner in ihrem Artikel zur neuen Sinn-Ökonomie andere Motivatoren, die sie glücklich und zufrieden werden lassen.
Ohne Zweifel helfen klare Ziele und Fristen, so wie wir sie von privatwirtschaftlichen Unternehmen kennen. Vielleicht würde auch eine Werbekampagne für den Staat als »Prestige-Arbeitgeber mit hochmotivierten Arbeitnehmern« helfen. Utopisch? Sagen wir mal so: Ein Bild vom Staat als verstaubtem Arbeitgeber mit über-bürokratischen Abläufen, der »dem Markt« nur ein wenig beisteuert, hilft hier sicher nicht.
Viele Wissenschaftler, die für öffentliche Institutionen und Forschungseinrichtungen arbeiten, sind hochmotiviert. Nicht nur, wenn es um Forschung geht, sondern auch, wenn es darum geht,
Auch hier kann der Staat unterstützend einspringen und der Öffentlichkeit zeigen, welche Projekte erfolgreich unterstützt werden und wurden – und auch, wo Verbesserungsbedarf besteht.Wer nicht wagt, der nicht gewinnt?
Im Zuge der letzten Finanzkrise und der damit einhergehenden Rettung von Banken und Versicherungen wunderten sich viele Menschen darüber, warum Gewinne im Finanz-Sektor privatisiert, die Risiken jedoch »sozialisiert« wurden. Schließlich wurde die Rettung der angeschlagenen Institute mit Steuergeldern bewerkstelligt. Die bis dato gemachten Gewinne konnten die Banken und Versicherungen verbuchen, weil sie auf volles Risiko gesetzt hatten – ein Risiko, das am Ende der Staat und die Steuerzahler getragen haben.
Steuer-Vermeidung macht aus Investitionen Entwicklungshilfe
Mit Innovationen ist es ähnlich. Der Staat – und damit wir alle – nehmen den Bärenanteil des Risikos bei der Entwicklung von neuen Technologien auf uns. Profitieren wir auch davon? Klar, durch die indirekten Gewinne in Form von Steuereinnahmen? Nicht unbedingt …
Nehmen wir wieder das Beispiel der Firma Apple. Kurze Übersicht des »Spiegel« über Apple’s Steuertricks (2013) Durch geschickte Steuer-Vermeidungs-Strategien zahlt das Unternehmen kaum Steuern. Darüber hinaus entstehen viele der neuen Jobs in Asien und nur wenige in den USA. Aus globaler Sicht ist das nicht unbedingt schlecht. Allerdings ist die Investition des amerikanischen Staates dann eher als Entwicklungshilfe zu sehen statt als Investition ins eigene Land. Auf deutscher Ebene lässt sich dies ein wenig mit Solar-Unternehmen vergleichen: Bericht des BMWi zum Welt-Solarmarkt (2012) Die Produktion wurde nach und nach ausgelagert und mittlerweile ist China Marktführer.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Das bedeutet nicht, dass es generell schlecht ist, Technologien zu entwickeln, die später eine globale Anwendung finden. Wenn eine Gesellschaft jedoch Milliarden Euro oder Dollar in Forschungsprojekte investiert, deren Ergebnisse dann von multinationalen Unternehmen in milliardenschwere Gewinne umgewandelt werden, ohne Arbeitsplätze und Steuern im Ursprungsland zu generieren, ist das zumindest bedenklich. Und nicht wirtschaftlich nachhaltig, denn diese Mittel fehlen, um wiederum neue Innovationen anzustoßen.
Doch damit nicht genug …
Innovationen können Gräben zwischen Arm und Reich vertiefen
Reichtum durch Innovationen tendiert dazu, sich anzuhäufen. Das wiederum Zum Beispiel dieses Arbeitspapier von Zehavi & Breznitz darüber, was Innovation mit Ökonomie zu tun hat (englisch, 2013) kann zu finanzieller Ungleichheit in der Gesellschaft beitragen. Der französische Wirtschaftswissenschaftler Thomas Piketty wurde 2013 weltberühmt, als er diese These in seinem Buch Thomas Piketty, »Das Kapital im 21. Jahrhundert« (2013) »Das Kapital im 21. Jahrhundert« empirisch untermauerte. Sein Blick auf die wachsende Ungleichheit in westlichen Staaten offenbarte vor allem eines: Kapital-Renditen wachsen schneller als Renditen durch Arbeit. Mit anderen Worten: Diejenigen, die besitzen, sammeln stets mehr Geld an; diejenigen, die ausschließlich von ihrer Arbeit leben, können ihren finanziellen Reichtum nur geringfügig vergrößern.

Auch dabei spielen Innovationen eine Rolle: Wer viel Geld hat, verfügt über das nötige Budget, um komplexe Innovationen zu finanzieren. Hinzu kommt die Möglichkeit, diese über Patente schützen zu lassen. Die jedoch sind selbst ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite bewegen sie private Investoren dazu, in Unterfangen mit hohen Entwicklungskosten zu investieren. Nur so können sie diese (im Erfolgsfall) zurückverdienen. Auf der anderen Seite helfen sie nicht dabei, den neu generierten Reichtum besser zu verteilen. Investoren erlangen leichter ein Monopol in einem bestimmten Markt. Das Beispiel der Pharmaindustrie bietet sich erneut an:
Wie wird aus einer parasitären Beziehung eine symbiotische?
Natürlich gibt es auch die kleinen Start-ups mit Ideen, die potenziell einen Sprung für die Wirtschaft und die Gesellschaft bedeuten. Häufig werden diese allerdings von größeren Unternehmen aufgekauft. Dort wird dann mit entsprechend größeren finanziellen Mitteln weiterentwickelt. Und wieder kommt es zu einer Anhäufung von Kapital.
Vielleicht ist es an der Zeit darüber nachzudenken, den Staat mehr Patente anmelden zu lassen – gegebenenfalls in Kooperation mit der Privatwirtschaft. Mariana Mazzucato fasst es so zusammen: Es gehe darum, die Beziehung zwischen Staat und Privatwirtschaft von einer parasitären in eine symbiotische zu verwandeln.
So bleibt die Frage: Welche Innovationen wollen wir vorantreiben, als Steuerzahler und als Staat?
Zeit, um größer in die Zukunft zu investieren
Zukunftsprognosen über potenziell erfolgreiche Forschungsprojekte sind müßig. Aktuell wird Erfolg vor allem daran gemessen, wie gut sich eine Innovation verkauft. Hohe Verkaufszahlen geben aber nicht immer Auskunft über die Tauglichkeit oder gar den Nutzen für die Gesellschaft.
»Wir haben beschlossen, in diesem Jahrzehnt zum Mond zu fliegen […]. Nicht, weil das einfach ist, sondern weil es herausfordernd ist.« – J.F. Kennedy
Wenn wir als Gesellschaft bestimmte Probleme identifiziert haben, können wir uns gemeinsam mit ihrer Lösung befassen. Dafür bedarf es staatlicher Investitionen, die am Ende vielleicht sogar zur Entwicklung neuer Märkte und dabei auch zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen führen.
Egal, ob es um die mangelnde Produktivität der griechischen Wirtschaft, die erste Mondlandung, ein besseres Gesundheits- und Bildungssystem oder ein globales Apollo-Programm gegen den Klimawandel geht.Tatsächlich wurde ein solches Programm bereits ins Leben gerufen: Die Website des globalen Länderverbunds »Mission Innovation – Accelerating the Clean Energy Revolution« (englisch) »Mission Innovation« ist ein Verbund aus mittlerweile 28 Staaten, die in den kommenden 5 Jahren ihre Investitionen in Forschung und Entwicklung im Bereich sauberer Energie verdoppeln wollen. Deutschland ist dabei.
Ideen gibt es genug. Wir brauchen nur einen Staat – und Steuerzahler – der es wagt, sich öffentlich dafür einzusetzen. Und so aus der parasitären Beziehung eine symbiotische macht.
Titelbild: Staat und Wirtschaft arbeiten zusammen: Barack Obama zu Besuch bei Elon Musks Raumfahrt-Unternehmen SpaceX
Titelbild: NASA
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