Wir klären die wichtigsten Fragen zur Klimakonferenz
Die Welt steuert weiter auf eine Klimakatastrophe zu. Viele Hoffnungen liegen auf der UN-Konferenz »COP26« in Glasgow. Was du im Vorfeld darüber wissen solltest
Ein nicht zeitmangelbedingtes, aber umso qualvolleres Aufschieben dringlicher Arbeiten in Verbindung mit manischer Selbstablenkung, und zwar unter Inkaufnahme absehbarer und gewichtiger Nachteile.
So beschreibt der Schriftsteller Max Goldt eigentlich das Phänomen der Prokrastination, das vor allem
In den 90er-Jahren fanden die ersten Weltklimakonferenzen statt, auf denen sich die Regierungen der Industrienationen darauf verständigten, ihre CO2-Emissionen zu senken. An mangelnder Zeit kann es also nicht gelegen haben, dass sich bei den konkreten Maßnahmen wenig getan hat – und die weltweiten Emissionen im Gegenteil sogar noch steigen. Heute wissen wir: Die Klimakatastrophe ist nicht nur an weit entfernten Orten bereits Realität, sondern spätestens mit der
Aus diesen Gründen gilt die 26. Weltklimakonferenz (COP 26), die am 31. Oktober in Glasgow beginnt, als besonders bedeutend. Hören die Staaten und Regierungschefs nun endlich auf zu prokrastinieren?
Im Vorfeld der Konferenz klären wir 6 grundlegende Fragen zu den Hintergründen, wichtigen Begriffen, Zielen und Erwartungen.
1. Was bedeutet COP?
Nachdem sie aufgrund der Coronapandemie um ein Jahr verschoben worden war, findet die 26. Weltklimakonferenz jetzt vom 31. Oktober bis 12. November im schottischen Glasgow statt. Wenn du die Berichterstattung zur Weltklimakonferenz verfolgst, wirst du früher oder später auf eine Reihe von Abkürzungen stoßen, die immer wieder auftauchen. Zu den wichtigsten gehören:
- UNFCCC: Die United Nations Framework Convention on Climate Change ist die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. Die Konvention wurde 1992 beschlossen, ist inzwischen von 197 Staaten anerkannt und stellt die Basis für die Klimakonferenzen dar.
- COP: Die Conference of the Parties (auf Deutsch: Vertragsstaatenkonferenz) bezeichnet das Treffen der Mitgliedstaaten, das einmal im Jahr abgehalten wird – sofern keine Pandemie dazwischenkommt. Zwischen den jährlichen Konferenzen treffen sich die Nebenorgane regelmäßig, um die COP vorzubereiten. Die Begriffe Weltklimakonferenz und COP werden synonym verwendet.
- NDCs: Die Nationally Determined Contributions bezeichnen die Klimaziele, die die einzelnen Mitgliedstaaten jeweils selbst festlegen.
2. Welche Ergebnisse gab es bei bisherigen Klimakonferenzen und warum gilt die diesjährige als besonders wichtig?
Der Grundstein für die Weltklimakonferenzen wurde 1992 in Rio de Janeiro gelegt. Hier haben sich die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen auf die
Das Pariser Abkommen ist eine globale Vereinbarung, in der sich fast alle Länder der Erde dazu verpflichtet haben, ihre Emissionen zu reduzieren. Zusätzlich wurde darin anerkannt, dass manche der durch den Klimawandel verursachten Schäden bereits heute unumkehrbar sind und insbesondere der Globale Süden davon betroffen ist. Deshalb enthält das Abkommen auch zentrale Punkte zur Anpassung an Klimafolgen.
Der Fokus des Pariser Klimaabkommens liegt darauf, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur
3. Was sind die zentralen Themen, die in diesem Jahr diskutiert werden?
Die 4 Knackpunkte der COP26
Wie schaffen wir eine gerechte und saubere Energiewende? Was sind die besten Möglichkeiten, um uns an den fortschreitenden Klimawandel anzupassen, ohne dass jemand zurückbleibt? Und wer finanziert das alles überhaupt? Das sind einige der zentralen Fragen, die auf der diesjährigen Weltklimakonferenz diskutiert werden. Die 2-wöchige
Es gibt allerdings
- Nationale Klimaziele nachschärfen: Die 195 Vertragsparteien des Pariser Klimaabkommens haben sich dazu verpflichtet, nationale Klimaschutzziele auszuarbeiten. Dafür hatten sie viel Spielraum. Was dabei herausgekommen ist: ein Dschungel aus unzureichenden (und
- Mehr Transparenz: Um die Ziele des Klimaabkommens umzusetzen und deren Fortschritte zu prüfen, müssen die einzelnen Vertragsstaaten alle 2 Jahre Fortschrittsberichte über ihre Aktivitäten einreichen. Das ist im
- Weltweites Emissionshandelssystem einführen: Ein weiterer offener Punkt im Regelbuch ist die Einigung auf die Umsetzung eines globalen Kohlenstoffmarktes, festgehalten in Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens. Der Grundgedanke ist, dass sich reiche Länder mit viel Industrie Emissionsgutschriften von Ländern kaufen können, die weniger emittieren. Auf diese Weise verschafften sich die reichen Länder Zeit, und die ärmeren Länder erhielten Geld, um ihnen auf dem Weg in eine grüne Zukunft zu helfen. Doch der Mechanismus hatte
Es gibt außerdem noch einige Schlupflöcher zu schließen wie die - Internationale
Grund: Es wurde jahrelang nicht genau geklärt, wie dieses Versprechen erfüllt werden sollte. Auf der COP26 soll die Klimafinanzierung für die kommenden Jahre nun gesichert werden. Eine gerechte finanzielle Unterstützung ist eine der wichtigsten Anliegen für ärmere Staaten, welche die größte Last des Klimawandels tragen, aber am wenigsten dazu beigetragen haben.
4. Wie läuft die COP ab?
Wie können sich fast 200 Länder einigen?
Die Delegierten der jeweiligen Länder vertreten während der Weltklimakonferenz nicht die Meinung ihres Landes oder einer Partei, sondern sie vertreten Allianzen. Dementsprechend verhandeln Delegierte aus Deutschland und Österreich beispielsweise als Interessenvertreter:innen der EU – sonst wäre nach den 2 Wochen bei fast 200 Ländern und Stimmen nichts beschlossen.
In den ersten Tagen der Klimakonferenz werden rund 120 Staatsoberhäupter und ihre Vertreter:innen zusammenkommen, um ihr politisches Engagement für die Eindämmung des Klimawandels zu demonstrieren. Sobald die Staatsoberhäupter abgereist sind, nehmen die Länderdelegationen, oft unter der Leitung von Umweltminister:innen, an tagelangen Verhandlungen teil. Was alles besprochen wird, wurde schon Monate im Voraus diskutiert. Jedes Treffen endet mit einem Ergebnisdokument, dem alle Länder zustimmen.
Es gibt ein:en COP-Präsident:in und ein Sekretariat, welche die Vorbereitungen für die Klimakonferenz und die einzelnen Verhandlungen leiten. Der diesjährige COP26-Präsident ist Alok Sharma, der ehemalige
5. Welche Kritik gibt es an der COP?
Die Weltgemeinschaft trägt eine gemeinsame, aber differenzierte Verantwortung
Die größte Stärke und gleichzeitig größte Schwäche der Weltklimakonferenz liegt wohl darin, dass sie nur den groben Rahmen für die internationale Klimapolitik festlegt und keine einheitlichen Vorgaben macht. Zwar handelt es sich um eine globale Krise, aber die einzelnen Länder haben ganz unterschiedliche Bedürfnisse und auch historisch verschiedene Verantwortlichkeiten. Deswegen sollen die Mitgliedstaaten ihre eigenen Ziele festlegen und sich, so die Idee dahinter, gegenseitig anspornen. Das Problem: Bisher hat das nicht gut geklappt, die Ziele der Länder sind nicht annähernd ambitioniert genug.
Der US-Klimawissenschaftler James Hansen, der den ersten Bericht zum Klimawandel 1988 mitveröffentlichte, fand in der britischen Zeitung The Independent deutliche Worte dazu. Ihm zufolge würde die COP26 ohne drastischen Kurswechsel, wie auch die vorherigen Klimakonferenzen, wieder eine »Bullshit Session« werden, bei der Regierungen versprechen, Ziele in
Das Video ist nur auf Englisch verfügbar.
6. Wann gilt die Konferenz jeweils als erfolgreich oder gescheitert?
»Es geht nicht um Scheitern oder Erfolg, sondern vielmehr darum, dass in den einzelnen Bereichen ambitioniert verhandelt wird«, sagt Rixa Schwarz am Telefon. Sie ist Teamleiterin des Bereichs für Internationale Klimapolitik der NGO
Besonders wachsam schaut sie dabei auf folgende Länder:
China und Indien müssen noch nachlegen. Gerade Indien hat in unterschiedlichen Foren über ambitioniertere Ziele für erneuerbare Energien gesprochen, diese offiziell aber noch nicht eingereicht. Australien hat noch kein annähernd akzeptables Klimaziel vorgelegt; Brasilien und Mexiko haben ihre Ziele sogar verschlechtert. Da wären Korrekturen mehr als angemessen.
Bisher sind alle Länder in der Bringschuld, um das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten. Die Regierungschef:innen haben dieses Wochenende auf dem G-20-Gipfel in Rom – der medial im Schatten der COP26 steht – und an den ersten 2 Tagen der Klimakonferenz Zeit, ihre Zusagen zu überbringen. Schwarz hofft, dass ambitioniertere Zusagen der großen Länder andere dazu verleiten mitzuziehen. »Außerdem wird es noch sektorale Ankündigungen geben. Allianzen und Zusammenschlüsse von Ländern und anderen Akteuren können sich beispielsweise zum Kohleausstieg oder dem Ausstieg aus der internationalen Finanzierung fossiler Energien verpflichten«, so Schwarz. Insgesamt könnte es eine erfolgreiche COP werden, wenn sie mehr Dynamik und Tatendrang für die notwendige Transformation unserer Gesellschaften und Wirtschaften bringt.
Hier findest du das andere aktuelle Daily:
Titelbild: pixabay - copyright