Klima und Ungleichheit: Wo die Reichen und Mächtigen in Davos endlich Ernst machen – und wo nicht
Beim jährlichen Weltwirtschaftsforum treffen Politiker:innen, Konzerne und Aktivist:innen aufeinander. Unser Autor analysiert, wo es Fortschritte gab und welcher Elefant im Raum einmal mehr totgeschwiegen wurde.
Auf den Flugplätzen rund um das sonst verschlafene Städtchen Davos im Osten der Schweiz war vergangene Woche – wie jedes Jahr um diese Zeit – einiges los: Über 1.000 Privatjets landeten innerhalb weniger Tage, an Bord einige der reichsten und mächtigsten Menschen der Welt.
Dort, auf dem sogenannten Weltwirtschaftsforum (WEF), kommen Jahr für Jahr rund 3.000 Teilnehmer:innen aus Wirtschaft, Politik und dem öffentlichen Leben zusammen, um »Geschichte zu formen« – so jedenfalls erhoffte es sich der Gründer des Forums,
Den Milliarden Menschen im Rest der Welt dürfte die Geschichte, die hier seit einem halben Jahrhundert geformt werden soll, jedoch nicht sehr gut gefallen. Klimakrise, extreme Ungleichheit und die vielerorts rapide steigenden Lebenshaltungskosten stellen die Weltgemeinschaft vor riesige Herausforderungen.
Was hat der am vergangenen Freitag beendete Gipfel gebracht, der unter dem Titel »Zusammenarbeit in einer fragmentierten Welt« Lösungen suchen wollte? Haben die Reichen und Mächtigen Antworten auf die drängendsten Probleme gefunden? Vielleicht sogar solche, von denen nicht nur sie selbst profitieren?
Mehr Bewegung in Klimafragen – auch dank Russland
In puncto Klimafragen kritisierte UN-Generalsekretär António Guterres, dass sich zwar immer mehr Unternehmen dazu verpflichten würden, ihre Emissionen so weit wie möglich zu reduzieren, dabei jedoch Kriterien anlegten, die »oft zweifelhaft und undurchsichtig« seien. Er forderte die versammelten Unternehmensvertreter:innen auf, »glaubhafte« Netto-Null-Zusagen zu machen
Mithilfe von Eckpunkten, die von einer wissenschaftlichen Kommission der Vereinten Nationen und der
Legen Sie glaubwürdige und transparente Übergangspläne vor, wie Sie die Netto-Null-Ziele erreichen können – und legen Sie diese Pläne vor Ende dieses Jahres vor. […] Der Übergang zu Netto-Null muss sich auf echte Emissionssenkungen stützen – und nicht auf CO2-Gutschriften und Schattenmärkte.
Auch vor dem Hintergrund der Energiekrise und dem Ausfall Russlands als Rohstofflieferant schien in diesem Jahr das Augenmerk vieler Konzernvertreter:innen auf dem Thema Energiewende zu liegen.
Anders als bei Weltklimakonferenzen sitzen in Davos Vertreter:innen der fossilen Energien mit Unternehmer:innen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien an einem Tisch. Tejpreet Chopra, Chef des indischen Unternehmens für nachhaltige Energieerzeugung, Bharat Light and Power, zeigte sich positiv überrascht, als er in eine Runde aus 60 Vertreter:innen der Öl- und Gasindustrie eingeladen wurde. Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters sagte er: »Der Verlauf dieses Übergangs muss einen integrativeren Ansatz verfolgen, bis wir alle an der Ziellinie angekommen sind, an der wir alle sein wollen.«
Titelbild: Claudia Wieczorek | Foto: Prateek Keshari, Unsplash - copyright