Warum Erwachsene schlechte Freunde sind und wie es besser geht
Ab dem 23. Lebensjahr sinkt laut Forschung die Anzahl der Freundschaften. Job, Partnerschaft oder Kinder lassen oft wenig Raum dafür. Doch es lohnt sich, der Freundschaft im Leben mehr Platz einzuräumen.
Als Erwachsene wird vieles leichter. Schnürsenkel zu binden zum Beispiel, Grenzen zu setzen oder den eigenen Körper zu akzeptieren. Freund:innen zu finden gehört nicht dazu.
Das wurde mir klar, als ich für meinen Job bei Perspective Daily nach Berlin zog. Diesmal gab es keine Uni-Orientierungswoche, in der ich unter den Leuten, die bei der Kneipentour neben mir saßen, meinen besten Freund fürs Leben zufällig treffen konnte (true story!). Keine Schulbanknachbarin, der ich 15 Jahre später auf der Kirchenbank als Trauzeugin beisitzen würde.
Nein, das Erwachsenenleben spült nicht endlos Gelegenheiten ans Ufer, bei denen du Freund:innen findest. Im Erwachsenenleben musst du selbst ins kalte Wasser springen und hoffen, dass du dir die ein oder andere treue Freundin angelst. Auf dem Weg dorthin wirst du dich unwillentlich mal verschlucken, prustend und ohne Fang zurückbleiben.
So wie ich an einem Sonntagvormittag letzten Sommer.
Die Nachrichten, die mich daraufhin erreichten, zeigten mir: Ich bin nicht allein. Hier eine Auswahl an Antworten auf meine Instagram-Story:
Warum wird es, sobald wir aus der Schul- und Uni- oder Ausbildungsphase raus sind, so viel schwieriger, tiefere Freundschaften aufzubauen? Werden Freund:innen in unserer Gesellschaft weniger wertgeschätzt als romantische Partner:innen oder ein guter Job? Und wie gehen wir mit der Entfremdung von alten Freund:innen um?
Auf der Suche nach Antworten habe ich Bücher gelesen, Podcasts gehört, Thesen von Psycholog:innen analysiert und vor allem: viel mit Freund:innen gesprochen.
Warum selbst in der Sitcom »Friends« Freundschaft nur als die kleine Schwester der Liebe gilt
Fragt man
Selbst Kultserien wie »Friends«, »The Big Bang Theory« oder »How I met your mother«, bei denen eine Freundesgruppe im Zentrum der Handlung steht, beschränken ihre Ode an die Freundschaft auf die Phase der Jugend und des jungen Erwachsenenlebens. Am Ende der Serie, sobald die Protagonist:innen auf die 30 zusteuern, finden die meisten romantische Partner:innen und gründen eine Familie – die früheren Freundschaften rücken in den Hintergrund.
Zu dieser Analyse kommt der Autor Daniel Schreiber in seinem Essay
Ihre [der Protagonist:innen] Freundschaftsbeziehungen sind trotz aller ernstgemeinten Treueschwüre vor allem eins: Vorbereitungen auf erfolgreiche Partnerschaften, ein Puffer, um romantische Rückschläge erträglicher zu machen, eine Art emotionale Versicherung, die man irgendwann nicht mehr braucht. Ich glaube, dass viele Menschen in ihrem Leben mit einer ähnlichen Gemengelage konfrontiert sind.
Messen wir als Erwachsene der Freundschaft eine untergeordnete Rolle bei, sobald romantische Beziehungen und Familienplanung dazukommen?
Mit Illustrationen von Frauke Berger für Perspective Daily