Assads Sturz: Der Moment, der mir meine Heimat zurückgab
11 Jahre lebte unser Autor im Exil, doch mit dem Ende des Assad-Regimes hat er wieder eine Heimat gefunden. Ein persönlicher Essay.
Der 8. Dezember 2024 war kein gewöhnlicher Tag für uns Syrerinnen und Syrer. Es war der Tag, auf den unsere Familien mehr als 50 Jahre gehofft und für den Menschen aus meiner Generation 13 Jahre gekämpft hatten. Zum ersten Mal seit 1971 ging die Sonne über Syrien auf, ohne dass das Assad-Regime an der Macht war. Baschar al-Assad war gestürzt und die Syrer wurden wiedergeboren.
Ein Leben frei von Assads Herrschaft? Eigentlich undenkbar.
Über 5 Jahrzehnte hinweg hatte der Assad-Clan ein Reich des Schreckens erschaffen, in dem blinder Gehorsam die einzige akzeptierte Währung war. Gehorsam nicht gegenüber dem Staat oder dem Land, sondern allein gegenüber der Familie Assad.
Überall im Land hingen Bilder von Hafiz al-Assad, dem ehemaligen Präsidenten, der vor 24 Jahren starb. Und von seinem Sohn Baschar. Sie prangten an Schultoren, thronten über den Tafeln und schienen uns während des Unterrichts zu beobachten. In unseren Schulaufsätzen mussten wir vermeintliche Weisheiten Assads zitieren. Auf dem Weg zu meinen Großeltern in Rakka stand eine 2 Meter hohe Statue von Hafiz al-Assad. Immer wenn ich vorbeiging, schien sie mich anzustarren.
Titelbild: picture alliance / Daniel Kubirski | Daniel Kubirski - copyright