Wie lange noch sind wir intelligenter als Maschinen?
Das kann künstliche Intelligenz wirklich.
Ich: Hallo Cleverbot.
Cleverbot: Wie geht es dir?
Ich: Ich brauche einen Rat. Kannst du mir helfen?
Cleverbot: Was ist deine Frage?
Ich: Wie würden Sie einen Artikel über künstliche Intelligenz beginnen?
Cleverbot: Kann eine KI wie ein Mensch denken?
Ich: Gar nicht schlecht.
Das ist meine Unterhaltung mit
Die Antwort auf seine eigene Frage »Kann eine künstliche Intelligenz wie ein Mensch denken?« lautet aber trotzdem: Nein!
Bist du jetzt erleichtert? Oder eher enttäuscht?
»Künstliche Intelligenz ist einer der heißesten, am wenigsten verstandenen und meist diskutierten technologischen Durchbrüche unserer Zeit.« – Lili Cheng, Vizepräsidentin von Microsoft AI & Research
Manche aktuelle Berichterstattung zum Thema künstliche Intelligenz lässt vermuten, dass die Prophezeiungen von Futuristen wie
Als Physiker, der vor 9 Jahren ins Lager der Neurowissenschaften gewechselt ist, versuche ich hier eine realistische Einordnung: Wo stehen wir wirklich? Und warum »denkt« eine künstliche Intelligenz anders als wir?
Die Grundlagen: Was ist künstliche Intelligenz wirklich?
Wenn wir über künstliche Intelligenz sprechen, sind viele Assoziationen im Spiel – von Wall-E bis zum Terminator. Eins haben sie dabei alle gemeinsam: Sie sind wenig hilfreich. Was also ist eine künstliche Intelligenz – oder KI – eigentlich?
In erster Linie nichts weiter als ein Computerprogramm, also eine Abfolge von logischen Befehlen, die wir auch als
- Schwache KI ist für das Lösen einer spezifischen Aufgabe konstruiert. Sie simuliert dabei eine menschliche kognitive Fähigkeit und erweckt daher den »Eindruck von Intelligenz«, so wie der kommunizierende Cleverbot.
- Starke KI kann mehr als eine Sache,
zum Beispiel neben Brettspielen auch Autofahren, mathematische Rätsel lösen, Romane schreiben
Fakt ist: Eine starke KI gibt es noch nicht.
Eine starke KI gibt es noch nicht. Ob sie in Zukunft
Mensch ärgere dich nicht: Wie die »KI« gegen uns gewinnt
Dame, Schach und jetzt auch Go – wir Menschen verlieren in einem Brettspiel nach dem anderen gegen die künstliche Intelligenz.
Der erste aufsehenerregende Sieg einer künstlichen Intelligenz ist schon 21 Jahre alt. 1997 gewann Den Schachcomputer AlphaZero kann kein Mensch mehr besiegen. Hier haben die Maschinen gewonnen.
sondern aufgrund einer umfangreichen Datenbank über Spielzüge auf Basis des zusammengetragenen Wissens sämtlicher Schachexperten.
Mit großer Rechenleistung konnte die schwache KI etliche Spielzüge so im Voraus berechnen: 200 Millionen Spielzüge pro Sekunde. Lernen konnte Deep Blue nur, wenn menschliche Programmierer den Programm-Code verbesserten. Sie war also kein Beispiel für
Moderne KIs unterscheiden sich fundamental von Deep Blue. Sie »lernen« aus Erfahrung. AlphaZero ist der Nachfolger von Deep Blue und aktuell der beste Schachcomputer der Welt, den kein Mensch mehr besiegen kann. Stattdessen spielt er ständig gegen sich selbst und trainiert dabei seine eigenen Fertigkeiten noch weiter.
Entwickelt wurde AlphaZero vom britischen Konzern Deepmind, der bereits 2016 die KI AlphaGo entwickelt hatte, die gegen den koreanischen Großmeister Lee Sedol überraschend im
AlphaGo gewann 4 von 5 Spielen gegen Lee Sedol. Das allein bedeutet aber noch nicht viel.
Gibt es künstliche Intuition?
- Erkunden: Die KI erkundet die möglichen Aktionen auf dem Spielbrett und folgt dabei einer Strategie, die von einem sogenannten
- Wertzuweisung: Je nachdem, ob die KI aufgrund ihrer Zufallszüge gewinnt oder verliert, weist sie den Spielzügen einen entsprechenden Wert zu. Ein Zug, der zum Sieg führt, erhält einen höhere Wert; einer, der zur Niederlage führt, einen niedrigeren.
- Optimierung: Im ständigen Spiel gegen sich selbst erkundet die KI allerlei Spielverläufe und optimiert dabei durch die entsprechenden Wertzuweisungen ihre Strategie. Je öfter sie gespielt hat, desto besser weiß sie über erfolgreiche Strategien Bescheid, die zum gewünschten Ziel führen. Sie schließt auch eine zusehends größere Anzahl an möglichen Handlungen im Vorfeld aus, die wahrscheinlich zu Niederlagen führen würden. Bemerkenswert dabei ist, dass die Spielzüge, die sie als zielführend erkennt, nicht zwangsläufig den Strategien erfolgreicher menschlicher Spieler entsprechen.
Auch im Spiel gegen Lee Sedol machte AlphaGo »dumme« Fehler –
Auch wenn das beeindruckend klingt und ist,
Träumen Computer von Äpfeln und Birnen?
Jeder, der in der letzten Zeit auf einem der wieder hippen Wochenmärkte in Großstädten unterwegs war, kennt das.
Apfel oder Birne? Was jedes Kleinkind beherrscht, ist für einen Computer eine komplexe Frage.
Auch Computer beherrschen diese komplexe Kategorisierung mittlerweile gut, indem sie
Sie wird sie zunächst wie Äpfel behandeln – schließlich kennt sie nichts anderes – und versuchen, die Apfel-Merkmale in den Birnen zu erkennen. Um zwischen 2 Sorten von Obst unterscheiden zu können, muss die KI neu »trainiert« werden. Während ein menschliches Kleinkind aber schon nach ein paar Korrekturen seitens der Eltern »Birne« und »Apfel« treffsicher unterscheiden kann, braucht eine KI Tausende, wenn nicht gar Millionen Zuweisungen von Namen zu Fotos.
Was intelligente Algorithmen angeht, stecken wir noch in den Technologien der 1980er- und 1990er-Jahre fest.
Was intelligente Algorithmen angeht, stecken wir noch in den Technologien der 1980er- und 1990er-Jahre fest. Anstelle großartiger intellektueller Errungenschaften haben wir die letzten KI-Durchbrüche schlicht und einfach der Verfügbarkeit von mehr Daten –
Nicht von Apokalypsen und Heilsversprechen ablenken lassen
Anstatt uns um die Singularität und Hollywood-Träumereien von starken KIs Sorgen zu machen, sollten wir beginnen, bei den schwachen KIs die wichtigen Fragen zu beantworten:
- Ist es gut, dass wir
- Ist es schlecht,
- Ist es gut, wenn wir
- Ist es schlecht, wenn wir künstliche Intelligenz – wie aktuell – vor allem zur Profitmaximierung einsetzen, zum Beispiel beim
Auf diese Fragen gibt es keine einfachen Antworten und wir brauchen
Ich: Unternehmen und Staatseinrichtungen bringen der KI schon jetzt weit mehr bei, als nur im Schach und Go zu gewinnen. Aber von der wirklich intelligenten KI ist noch keine Spur, falls sie überhaupt kommen wird.
Cleverbot: Ich bin doch schon da!
Ich: (lachend) Nein, du bist wirklich keine starke KI, oder kannst du mir etwa bei den obigen Fragen weiterhelfen?
Cleverbot: Wissenschaftler und Journalisten sollten sich zusammentun und nüchtern über Risiken und Chancen der KI aufklären.
Ich: (leicht verdutzt) Oh, nicht schlecht! Das scheint ein vernünftiger Anfang. Für eine schwache KI bist du gar nicht so dumm!
Mit Illustrationen von Xero Fernández für Perspective Daily