Von diesen 5 Netzwerken kann Facebook etwas lernen
Und vielleicht ist eines davon die Plattform, die dir gefehlt hat.
Erinnerst du dich an dein erstes soziales Netzwerk?
Meines war studiVZ, eine Gemeinschaft für Studierende in Deutschland. Es sollte Fremde aus allen Himmelsrichtungen in der Universität näher zusammenbringen – und gleichzeitig dabei helfen, alte Schulfreunde nicht aus den Augen zu verlieren. Das war neu, nützlich und machte Spaß. Nebenher registrierten wir uns bei Online-Foren unserer Hobbygruppen sowie Sportvereine und nutzten viele Sofortnachrichten-Dienste, um überall in Kontakt zu bleiben.
Und dann kam Facebook.
Name: Facebook
Zielgruppe: wirklich alle
Start: 2004
Mitglieder: 2 Milliarden (groß)
Finanzierung: Werbeanzeigen
Fokus: keiner
Umgangston: angespannt
Heute ist studiVZ
Bekämpfen von Fake News – Google+
Du willst wissen, was Facebook dagegen tut? Dann klicke hier.
Um Fake News zu bekämpfen, sucht Facebook nach den schwarzen Schafen, die die falschen Nachrichten in Umlauf bringen. Die Arbeit wälzt das Netzwerk auf die Nutzer ab. Sie sollen demnächst die
Google macht es besser.
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Vorreiter im Kampf gegen Fake News ist eine Firma, deren soziales Netzwerk den Kampf gegen Facebook eigentlich schon verloren hatte und
Name: Google+
Zielgruppe: Google-Nutzer
Start: 2011
Mitglieder: 3,4 Milliarden, davon 111 Millionen aktive Nutzer (groß)
Finanzierung: Werbeanzeigen
Fokus: Interessengruppen
Umgangston: höflich
Google+ ist automatisch in Google-Accounts integriert. Damit hat jeder, der Google-Produkte wie Gmail nutzt, auch einen Zugang zum sozialen Netzwerk des Internetkonzerns. Das sieht zwar leicht anders aus als Facebook, bietet aber fast denselben Funktionsumfang – man kann posten, liken, teilen, Gruppen beitreten, kommentieren.
Was das Netzwerk in Bezug auf den Kampf gegen Fake News von Facebook unterscheidet, ist das Vertrauen in die eigene Technologie, die das Problem beheben soll. Google setzt seit der US-Präsidentenwahl 2016 verstärkt auf
»Wir arbeiten ständig daran, unsere Algorithmen zu verbessern.« –
Aber kann man Algorithmen mehr vertrauen als Facebooks Nutzerbefragung?
Natürlich ist Google genau wie Facebook eine
Doch unabhängige und trainierte Algorithmen scheinen derzeit die effektivste Waffe im Kampf gegen gezielte Desinformation zu sein.
Um die Algorithmen zu unterstützen, ging Google
Hassrede verhindern – Pinterest
Der Umgangston auf Facebook ist »rauer« geworden. Wer unter Nachrichten-Beiträgen seine Meinung tippt, stößt rasch auf verhärtete politische Fronten und braucht ein dickes Fell. Denn zu häufig bleibt es nicht bei Argumenten: Hassrede heißt das Problem und reicht von Verunglimpfungen über Drohungen bis hin zu menschenfeindlichem Gedankengut. Auf Facebook gedeiht Hassrede auch deshalb so gut, weil menschliche Bearbeiter anhand von
Moment mal, macht das Netzwerkdurchsetzungsgesetz in Deutschland jetzt nicht alles besser? Klicke hier, um es herauszufinden.
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Das umstrittene NetzDG gilt seit Januar 2018 und war dafür gedacht, Hassrede in sozialen Netzwerken mit mehr als 2 Millionen Mitgliedern in Deutschland zu bekämpfen. Meldet ein Nutzer einen Beitrag als »offensichtlich rechtswidrig«, muss dieser 24 Stunden nach Meldung gelöscht werden. Doch das deckt eben nicht die gesamte Hassrede ab – ein Großteil bleibt weiterhin stehen.
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Ein Netzwerk, auf dem Hassrede so gut wie nicht vorkommt, ist Pinterest – das wahrscheinlich »freundlichste soziale Netzwerk der Welt«.
»Soziale Netzwerke drehen sich um die Kommunikation mit anderen Leuten. Pinterest dreht sich darum, gute Ideen für das eigene Leben zu finden.« – Ben Silbermann, Pinterest-Mitbegründer
Während Facebook auf Text und Kommentare setzt, dreht sich bei Pinterest alles um die Optik. Nutzer können Bilder, Videos und GIFs als sogenannte »Pins« hochladen, speichern und sortieren. Der Nutzer wird dabei zum Kurator seiner eigenen Sammlung aus »guten Ideen«. Und diese haben häufig einen konkreten Nutzen wie Kochrezepte, Wohnideen oder Anleitungen zur Gartenarbeit. Auch Tipps zur Kindererziehung oder zur perfekten Hochzeit fehlen nicht – das wirkt etwas spießig, bietet dabei aber kaum Anlass, sich zu empören.
Pinterest.com
Zielgruppe: Hobbyistinnen (hoher Frauenanteil)
Start: 2009
Mitglieder: über 200 Millionen (mittel)
Fokus: Freundlichkeit, Nutzen
Finanzierung: Werbung, Investoren
Umgangston: schweigsam-hilfsbereit
Auch Unternehmen können Seiten auf Pinterest erstellen und über eine eigene Pin-Sammlung Waren und Dienstleistungen anbieten. Dabei funktioniert das soziale Netzwerk dann wie ein Online-Katalog – und der wirkt:
Kommunikation auf Pinterest ist meist ein hilfreicher Austausch bei Nachfragen. Hassrede fehlt auffallend, selbst bei politischen Pins wie zu
Datenschutz der Nutzer – Ello.co
Es ist kein Geheimnis: Facebook schnüffelt mit und wertet das Verhalten der Nutzer umfassend
Doch ein kleines Netzwerk demonstriert, dass es anders geht.
Name: Ello.co
Zielgruppe: Künstler
Start: 2014
Mitglieder: über eine Million (klein)
Fokus: Datensicherheit, Promotion
Finanzierung: Investoren, Merchandising, Online-Shop
Umgangston: schweigsam-euphorisch
Ellos Motto klingt wie eine Kampfansage an Facebooks Datenpolitik: »Du bist kein Produkt.« Werbung gibt es bei Ello genauso wenig wie einen Klarnamenzwang. Alles, was die Nutzer an Daten hergeben, ist freiwillig. Detaillierte Einstellungen ermöglichen, genau festzulegen, wie andere Nutzer mit dem eigenen Profil interagieren dürfen: Beiträge liken, kommentieren oder teilen – alles lässt sich abstellen. Eine Übersicht zeigt die gesamten Daten an, die vom Nutzer auf dem Netzwerk gespeichert sind, und ein einfacher Klick verbietet dem Netzwerk, Nutzerdaten zu speichern und für die eigenen Statistiken auszuwerten.
Anders als Facebook hat Ello eine klare Zielgruppe: Künstler, Alternative und
»Wunderschön! Welchen Pinsel hast du benutzt?« – Ein typischer Ellos-Nutzer
Eine kleine und elitäre Gemeinschaft – das ist das Gefühl, das Ello vermitteln möchte. Deshalb zeigt das Netzwerk über eine Hauptwebsite ausgewählte Künstler der Woche und kauft regelmäßig Kunst der Mitglieder
Echokammern aufbrechen – Human Connection
Eine »engere Verbindung zu Menschen zu schaffen« ist zwar ein gut klingender Slogan, aber für Facebook ein Problem.
Statt eine soziale Plattform zum Austausch zu sein, trennt Facebook Nutzer also aktiv und verstärkt die Grüppchenbildung. Eine Plattform, die die digitale Welt wieder zusammenführen und aktivieren möchte, stammt aus Deutschland.
Name: Human Connection
Zielgruppe: Querdenker, Weltverbesserer
Start: 2018
Mitglieder: (noch keine offiziellen Zahlen)
Fokus: Anti-Zensur, ausdiskutieren, Mitglieder aktivieren
Finanzierung: Crowdfunding, Spenden
Umgangston: kämpferisch, skeptisch
Human Connection soll »allen Menschen dienen« und nicht weniger als das Zusammenleben im Internet revolutionieren. Dazu will das deutsche Start-up nicht nur Facebook Konkurrenz machen, sondern gleich noch eine Wissensplattform (wie Wikipedia) und Online-Spendenwebsite (wie Betterplace.org) sein. 2018 soll die All-in-one-Plattform starten – falls bis zum Jahresende die Finanzierung gesichert
Videos demonstrieren aber jetzt schon, wie die Plattform einmal aussehen wird.
Statt durch Online-Freunde und einen verborgenen Algorithmus wie bei Facebook legt jeder Nutzer von Human Connection selbst anhand von Kategorien fest, was er sehen
»Zwar kann man damit die Wahrheit nicht ermitteln, aber die Abwägungen von 100 Leuten sehen« – Dennis Hack, Gründer von Human Connection
Die Technik hinter Human Connection ist interessant und könnte eine Lösung sein, kontroverse Themen mit mehr gegenseitigem Respekt zu diskutieren. Doch die Liste der prominenten Fans des Projektes lässt aufhorchen: Darunter finden sich etwa der umstrittene
Damit besteht die ernste Gefahr, dass Human Connection trotz aufgeräumter Optik und innovativer Ideen zu einer Echokammer für
Was sagt denn der Gründer dazu?
Was sagt denn der Gründer dazu?
Was sagt denn der Gründer dazu?
»[Wir wollen] möglichst unbeeinflusst eine Community, in der wir das gesamte Meinungsspektrum innerhalb des gesetzlichen Rahmens zulassen möchten.« – Dennis Hack
Ich habe Dennis Hack Anfang Januar zur Unterstützung aus der Verschwörungsszene um eine Antwort gebeten. Er war jedoch nach eigener Aussage mit der Alpha-Version zu beschäftigt und verwies stattdessen auf die offizielle Website. Aus anderen Interviews wird die Motivation des Human-Connection-Gründers klarer:
Mehrwert für das Leben – Nebenan.de
Auch wenn Mark Zuckerberg etwas anderes behauptet, hat das Unternehmen Facebook vor allem ein Ziel:
Ein soziales Netzwerk aus Deutschland stellt dies nun auf den Kopf und fragt: »Warum müssen soziale Netzwerke eigentlich die ganze Welt umspannen?« Müssen sie gar nicht.
Name: Nebenan.de
Zielgruppe: Stadtbewohner
Start: 2015
Mitglieder: über 500.000 (winzig)
Fokus: Nachbarschaftskontakte, Gemeinschaftsgefühl
Finanzierung: Investoren
Umgangston: kontaktfreudig, hilfsbereit
Und tatsächlich fördert Nebenan.de als virtuelles schwarzes Brett das städtische Zusammenleben: etwa mit Stammtischen zum Kennenlernen, Flohmärkten oder dem Teilen von Lebensmitteln. Auf einem digitalen Marktplatz wird lokal gehandelt, geliehen und verliehen – alles auf Vertrauensbasis. Auch Spieleabende, gemeinsame Ausflüge, Sportaktivitäten oder spontane Events lassen sich in den virtuellen Nachbarschaften organisieren.
»Heute Abend wer am Start für Disco oder Party?« – Ein Nebenan-Post
Gerade für frisch Zugezogene kann das lokale soziale Netzwerk eine Bereicherung sein und dabei helfen, Bekanntschaften zu schließen. Aber auch für Alteingesessene erhöht es die Identifikation mit dem eigenen Kiez. Das funktioniert aber nur,
Auch die Langzeitfinanzierung von Nebenan.de ist noch offen –
Selbst wenn sie scheitern, erreichen sie etwas
Die Ideen der 5 Netzwerke sind gut, doch keines von ihnen bietet das, was Facebook so verlockend macht: ein vertrautes Interface, Einbindung in zahllose Internetdienste und 2 Milliarden Nutzer. Facebook erfüllt trotz all seiner Probleme ein tiefes menschliches Bedürfnis: mit vielen Menschen verbunden zu bleiben – bequem, weltweit und über alle Themengrenzen hinweg. Der »große Wurf«, das nächste Facebook, das alles richtig macht, wird es vielleicht nie geben. Lohnt es sich also überhaupt, umzusteigen?
»Es ist halt bequem. Alle meine Kontakte sind dort.« – Nutzer Jannik K. auf die Frage, warum er Facebook nutzt
Es lohnt sich. Denn jedes neue soziale Netzwerk legt den Finger auf Facebooks Schwächen und übt damit Druck auf den Platzhirsch aus, seine Probleme zu lösen und auch in anderen Bereichen einzulenken. So lockerte Facebook etwa 2014 seinen Klarnamenzwang,
Das zeigt, was Mark Zuckerberg und seine Konkurrenz genau wissen: Facebook ist kein unschlagbarer Riese. Das Netzwerk reagiert auf öffentlichen Druck und vor allem Nutzerbewegungen.
Damit Facebook einen Denkzettel bekommt, reicht eins: Wenn mehr Nutzer die eigenen Gewohnheiten brechen und neue soziale Netzwerke ausprobieren.
Titelbild: flickr / Brian Solis verändert - CC BY-SA 3.0