Wie wir den deutschen Wald jetzt noch retten können
Damit Waldspaziergänge und Holztische »Made in Germany« bald nicht der Vergangenheit angehören, arbeiten diese Menschen schon jetzt am Wald der Zukunft.
Die Äste knacken unter deinen Füßen, die Vögel singen in den Zweigen. Du kickst einen Tannenzapfen den Waldweg hinunter. Die Luft riecht nach Harz und ein bisschen nach dem Pferd vom Reitweg in der Nähe.
Hast du einen bestimmten Wald vor Augen? Dann präge ihn dir gut ein, er wird nicht mehr lange so aussehen. Denn dem deutschen Wald geht es nicht gut, und mit dem
Schließlich ist der Wald viel mehr als nur Rohstofflieferant oder die Kulisse für den Sonntagsspaziergang.
Darum leidet der Wald
Weißt du eigentlich, was der deutsche Wald alles leistet?
Auch wenn Stadtbewohner ihn nicht sehen können, ist der Wald für jeden von uns wichtig: Er speichert CO2 und erzeugt den Sauerstoff für gute Luft,
Doch wir behandeln unseren Wald heute oft so, als diene er nur einem einzigen Zweck: als Holzquelle.
Bei vielen Waldbesitzern ist das Motto: ›Der Wald muss sauber sein.‹ Das bedeutet wenig Totholz und Bäume, die alle in Reih und Glied wachsen. Der Wald ist aber viel wertvoller, wenn er nicht sauber und ordentlich ist.
Im Wald ziehen wir Bäume in Massen groß, um sie anschließend als Rohstoff zu verarbeiten. Diese Struktur hat den Wald grundlegend verändert – und das wird vor allem in Zeiten des Klimawandels schwierig. Jörn Stanke erklärt die 4 großen Probleme, an denen der Wald heute krankt:
- Der Wald ist zu jung: Bäume werden heute in großer Zahl gleichzeitig gepflanzt und gemeinsam abgeholzt, sobald sie den
- Es fehlt totes Holz: Der Abtransport zum Sägewerk unterbricht die natürlichen Lebensphasen der Bäume. Totes Holz findet man nur noch selten in deutschen Wäldern. Doch gerade das wäre wichtig für Insekten, die ihre Eier gern unter die Rinde der Baumkadaver legen. Sie wären normalerweise ein
- Der Wald ist zu gleichförmig: Wenn in einem Wald gleichmäßig Bäume einer Art und Höhe stehen, ist es einfacher, ihn zu bewirtschaften. Doch solche Baumplantagen sind viel anfälliger für Stürme: Die Baumkronen auf gleicher Höhe können den Wind nicht effektiv ablenken.
- Es werden die falschen Baumarten gepflanzt: Heute nehmen Fichten und Kiefern 50% der gesamten Waldfläche ein – sie wachsen schnell, gerade und lassen sich gut zu Holz verarbeiten. Ursprünglich deutsche Baumarten wie
Was für die Holzindustrie von Vorteil ist, schadet dem deutschen Wald – oder sollte man mittlerweile besser von einer Plantage sprechen? Nun steht er jedenfalls vor seiner größten Herausforderung: den Auswirkungen der menschengemachten Erderwärmung. Und die kann auch deinen Wald das Leben kosten.
Diese Probleme kommen auf den Wald zusätzlich noch zu
Der Klimawandel ist längst in Deutschland angekommen. In den vergangenen Jahrzehnten ist
- Waldbrände: Durch höhere Temperaturen und stärkere Trockenheit werden Waldbrände wahrscheinlicher. Da kann schon eine weggeschnippte Zigarette oder ein Funke vom Grill einen Wald entzünden – vor allem Plantagen aus Nadelhölzern.
- Heftigere Stürme: Statistische Berechnungen zur Erderwärmung zeigen,
- Unfruchtbare Böden: Durch die Erderwärmung werden die
- Weniger Wasser: Auch das Verhältnis von
Die so geschwächten Bäume sind ein gefundenes Fressen für ihre Erzfeinde: die Insekten.
»Insekten haben vor allem eine Chance, sich massenhaft auszubreiten, wenn es den Bäumen nicht gut geht.« – Jörn Stanke, Förster beim Landesbetrieb Wald und Holz NRW
Gesunde Bäume schütteln solche Plagen ab oder bilden Abwehrmechanismen aus. Wälder jedoch, die bereits durch ihren Aufbau und den Klimawandel stark gestresst sind, verlieren schnell den Kampf. Und ihre Feinde –
Die Bäume können darauf nicht reagieren und sterben reihenweise ab. Die Zukunft des deutschen Waldes sieht düster aus. Eine schnelle Lösung kann es nicht geben, denn Bäume wachsen nur langsam. Doch die Natur besitzt auch ein enormes Anpassungspotenzial:
Wir verändern sehr schnell die Rahmenbedingungen für die Wälder. Ich nehme an, dass Wälder sich sehr gut an Veränderungen anpassen können, aber wir fordern sie sehr mit unserem Tempo.
Wie also lässt sich auch dein Wald unterstützen, sodass er besser auf den Klimawandel vorbereitet ist? Ein Projekt aus dem Münsterland macht es vor.
Der Wald der Zukunft wächst im Süden von Münster
Dabei steht es vor einer besonderen Herausforderung, denn die Böden vor Ort sind sehr sumpfig. Entwässerungsgräben leiten das Wasser ab und ermöglichten, dass dort überhaupt erst Bäume wachsen konnten. Doch genau diese werden mit der Erderwärmung zu einem neuen Problem: Die Fichten kommen im Sommer mit ihren flachen Wurzeln nicht mehr an genug Wasser, da die Gräben zu viel davon ableiten.
Das Projekt Fit für den Klimawandel hat das Problem erkannt und schließt die Entwässerungsgräben in ausgewählten Bereichen, um den Bäumen während ihrer Wachstumszeit ihr Wasser zurückzugeben. Doch das ist nur der Anfang. Landschaftsökologe Michael Elmer skizziert, wie die Wälder der Zukunft aussehen müssen:
Wir müssen die Baumarten auswählen, von denen wir wissen, dass sie auf ihren Standorten klarkommen. Das sind zunächst einmal die heimischen und standortgerechten Baumarten.
Vorbild dafür sind andere Waldumbau-Projekte in ganz Deutschland,
Denn Baumkronen in unterschiedlichen Stufen schaffen
Auch an totes Holz als Lebensraum denkt Fit für den Klimawandel und baut sogenannte »Totholz-Inseln« auf, also kleine Waldgebiete, die vollständig sich selbst überlassen werden. Die Bäume werden mit Aluminiumplättchen gekennzeichnet und dürfen dann zu ihrer eigenen Zeit auf natürliche Weise zerfallen. Die dort lebenden Insekten und Nützlinge schützen den Wald vor Plagen und leisten gleichzeitig einen wichtigen Beitrag gegen das Insektensterben.
Wir brauchen Wälder ohne forstliche Nutzung, da diese uns helfen, zu sehen, wie sich Wälder natürlicherweise entwickeln und wie sie auf Veränderungen reagieren.
Auch Michael Elmer ist klar, dass sich unsere Wälder in Zukunft weiter verändern werden, so oder so. In welche Richtung es mit ihnen geht, haben wir noch in der Hand – und damit die Möglichkeit, viele neue Erinnerungen an den Lieblingswald entstehen zu lassen.
Weitere Informationen zu dieser Förderung findest du hier!
Titelbild: Lukasz Szmigiel - CC0 1.0