Soll ich jetzt auch noch auf Fernflüge verzichten?
Zusammen sind unsere beiden Autorinnen 4-mal um die Welt geflogen. Eine will weiterfliegen, die andere nicht.
Eine Freundin hat dich zum Kaffeetrinken eingeladen. Sie hat große Neuigkeiten. »Das muss ich dir persönlich erzählen! 😉«, lautet ihre letzte Nachricht, die du noch einmal durchliest, während du mit Amarettokeks nebst Sojalatte im Café auf sie wartest. Endlich fliegt die Tür auf. Deine Freundin schmeißt sich auf den Stuhl gegenüber, grinst über beide Backen. Und? »Ich fliege für ein paar Monate nach Indien! Backpacken!«, platzt es aus ihr heraus. Jetzt bist du dran. Wie reagierst du?
»Ich würde nicht fliegen!«, schreibt Katharina Ehmann. Denn Fliegen ist Luxus. Für ein bisschen Urlaub und Selbsterkenntnis sollte niemand mehr in ein Flugzeug steigen.
»Ja, super. Guten Flug!« Juliane Metzker findet es wichtig, weit weg zu reisen, um die eigene Komfortzone zu verlassen. Das geht meist nur mit dem Flugzeug.
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Fliegen ist Luxus
von Katharina Ehmann
Zuerst ein Geständnis: Ich habe viele Flugmeilen auf meinem Konto. Damit befinde ich mich für meine Argumentation in einer bequemen Position. Selbst wenn ich tatsächlich nie wieder eine Flugreise buche – ich habe die damit verbundenen Erfahrungen immerhin schon gemacht.
Beim Gedanken, was mir noch entgehen könnte, wenn ich nie wieder fliege, rutscht mir das Herz in die Hose. Ich werde unruhig, allein die Überlegung, kaum oder überhaupt nicht mehr zu fliegen, kommt mir gewagt vor. Ich habe Angst, etwas zu verpassen. Dabei geht es mir weniger um Likes für meine Urlaubsbilder auf Instagram als um meine Weiterentwicklung.
Was fehlt mir, wenn ich niemals durch Südamerika reise? Ist mein Blick auf die Welt ein anderer, wenn ich nie mehr in ein Flugzeug steige?
Aber es geht Ein Brief an die zukünftige Generation: »Urlaub war uns wichtiger als eure Zukunft, sorry« (2017) nicht nur um mich: Wenn ich es ernst damit meine, meinen ökologischen Fußabdruck zu verkleinern, muss mein Blick über den eigenen Maren Urner serviert dir das Menü zur Weltrettung Tellerrand hinausgehen. Ich muss ein Stück Freiheit aufgeben.
Und ja, der Verzicht aufs Fliegen wird »Der Spiegel« betont, wie wichtig die großen Posten Wohnfläche, Dämmstandard, Fernreisen und Auto für den Klimaschutz sind (2018) sicher schmerzen.
Bedeutet Fliegen, frei zu sein?
Denn weniger zu fliegen verlangt uns etwas scheinbar Unmögliches ab: Freiheit aufzugeben. Flugreisen machen es möglich, Grenzen zu sprengen. Die Grenzen meiner eigenen Muskelkraft, indem ich Orte erreiche, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unerreichbar wären. Und auch die Grenzen meiner Zeit, indem ich Ziele schneller erreiche als mit dem Auto oder dem Zug. Meine Existenz, ein winziger Punkt auf der Weltkarte, dehnt sich per Himmelsroute über den ganzen Globus.
– Alligatoah, deutscher Rapper, in »Wie Zuhause«
Ich Hier findest du das Musikvideo zu »Wie Zuhause« von Alligatoah (2018) fliege, um die Welt zu entdecken – aber vor allem, um mich in dieser schönen, fremden Welt kennenzulernen: Wer bin ich auf einem anderen Kontinent, herausgerissen aus meinem Alltag, umgeben von fremden Gerüchen und Klängen, einem anderen Klima, inmitten von Menschen, die ich nicht verstehe? Hinter Fernreisen steckt immer eine Hoffnung: Aufregendes erleben, an der Fremde wachsen, Toleranz üben, Studien legen nahe, dass Reisen (bzw. längere Auslandsaufenthalte) sich positiv auf die Persönlichkeit auswirken (englisch, 2013) Vorurteile verwerfen. Rauskommen aus dem Einheitsbrei des Alltags.
– Alligatoah
Die Flugreise ist das Symbol westlicher Freiheit und einer Kultur der Selbstverwirklichung. Ich glaube, es ist zu viel Freiheit.
Denn am Ende schränkt meine Möglichkeit, mich reisend »weiterzuentwickeln«, die Freiheit anderer ein. Mein Auf dieser Website kannst du den ökologischen Fußabdruck (und die Biokapazität) pro Kopf für verschiedene Länder vergleichen (2018) als der einer Inderin. Bei der CO2-Bilanz sieht es nicht besser aus. Der Hin- und Rückflug Köln–Lissabon pustet (nur!) für mich etwa 831 Kilogramm Für alle Berechnungen haben Juliane und ich den CO2-Fußabdruck-Rechner von atmosfair genutzt CO2 in die Luft. Das klimaverträgliche Jahresbudget Hier kannst du nachlesen, wie das klimafreundliche Jahresbudget errechnet werden kann liegt bei 2,3 Tonnen. Das wird schon mehr als eng. Fliege ich von Köln nach Montreal und zurück, sprenge ich mit 2.648 Kilogramm CO2 mein Jahresbudget allein mit diesem Flug.
ist als Durchschnitts-Deutsche unverschämte 5-mal höher
Schaue ich ehrlich in die Welt, muss ich mir eingestehen:
Ein Luxus, den wir uns so nicht mehr leisten können. Es müssen neue Spielregeln her. Und ein neues Verständnis von »Urlaub«.
– Alligatoah
Oh, wie schön ist die Nachbarschaft!
Trotzdem sollten wir weiterreisen. Nur eben anders. Die Reise per Flugzeug in weite Ferne sollte nicht mehr die Standard-Option sein.
Mitten in der ökologischen Debatte um Flugreisen ist der Spruch »Das Gute liegt so nah« und Janoschs Geschichte »Oh, wie schön ist Panama« als Zeichentrickvideo (2015) »Oh, wie schön ist Panama« aktueller denn je.
Ja, Zug- und Autofahrten »klauen« uns wertvolle Urlaubszeit, die wir so schnell wie möglich am Zielort verbringen wollen. Aber vielleicht bekommen wir dadurch ein anderes Gefühl für Zeit und Raum. Der Weg wird wieder zum Ziel, wenn ich die sich verändernde Landschaft an mir vorbeiziehen sehe und auf dem Weg nach Krakau einen Zwischenstopp in Leipzig und Breslau einlege.

Bei einer Fahrradtour durch Frankreich wachse ich daran, dass ich Wind, Wetter und meiner eigenen Kraft ausgeliefert bin. In Polen muss ich Sprachbarrieren überwinden, die Extremadura Spaniens zeigt mir den Sternenhimmel ohne Lichtsmog. In Dänemark kann ich auf einer ökologischen Farm mit anpacken, in der Sächsischen Schweiz Gipfel erklimmen. Das Gute liegt nah – oder zumindest näher als gedacht.
Das Recht auf Fliegen
von Juliane Metzker
Wir steigen, drehen uns fast überkopf und fallen. Unter uns wirbeln Felder und Wälder. Ich lache. Aus Angst. Ich bin 21 Jahre alt und frage mich gerade ernsthaft, ob es das schon gewesen ist mit meinem Leben. Ich wollte nie fliegen. Niemals. Jetzt summt vor mir der Propeller einer kleinen Cessna. Mein Kommilitone hat mich eingeladen, von Hamburg nach Sankt Peter-Ording ans Meer zu fliegen. Stunts inklusive.
Die Cessna sollte mich auch auf meine erste große Flugreise nach Damaskus vorbereiten. Auslandsaufenthalte gehörten zu meinem Studium der Islamwissenschaft dazu. 10 Jahre ist mein erstes Mal jetzt her. Seitdem bin ich 1–3 Mal pro Jahr geflogen, vor allem in arabische Länder. Und neben meiner Flugangst, die Grund genug wäre, nie wieder Fuß in diese Höllenmaschinen zu setzen, schleichen sich zunehmend ökologische Bedenken ein. Klar, 84% aller Flüge innerhalb Deutschlands sind Nonsens. David Ehl erklärt, warum Inlandsflüge sind (fast) kompletter Nonsens. Warum Züge unsere Zukunft sind, weiß Felix Austen Da warte ich lieber auf die Bahn.
Aber auf Fernreisen im Flieger würde ich niemals komplett verzichten. Mehr noch: Ich glaube, wenn wir das Fliegen lassen, werden wir noch unsicherer gegenüber anderen Kulturen und Menschen, Gehst du sinnvoll mit deiner Unsicherheit um? als wir es ohnehin schon sind. Und das will ich nicht riskieren.
Austausch beflügelt
In Kommentaren gegen das Fliegen lese ich immer nur über Wie in diesem Artikel in der Berliner Zeitung (2018) Malle-Urlauber, Städtetripper in Billig-Airlines und In Barcelona, Berlin und Amsterdam brennt es. Bist du Teil des Erregers – oder Heilmittel im Organismus Stadt? All-Inclusive-Touris, die sich über Weihnachten mal kurz nach Thailand absetzen. Mit diesen Stereotypen im Kopf ist es ein Leichtes, gegen Flugreisende als SZ-Journalistin Catherine Hoffmann kommentiert: »Eine Flugreise ist ökologisch so ziemlich das schlimmste Verbrechen […]« (2018) ökologische Verbrecher Stimmung zu machen. Die guten Gründe für Fernreisen, vor allem mit Ziel außerhalb Katharina Wiegmann hat ihre Komfortzone verlassen und ist in den Iran gereist – und hat dort ordentlich mit ihren Stereotypen aufgeräumt der eigenen Komfortzone, werden ausgeblendet.
»Muslim Ban«, Mauerbau zu Mexiko – wer sich schon an Trump gewöhnt hatte, sollte dringend noch einmal David Ehls Text über die Versprechen des US-Präsidenten zum Anfang seiner Amtszeit durchlesen Doch gerade in Zeiten von Donald Trump, der Feindbilder von Migranten, im Speziellen Muslimen, befeuert, und in Zeiten, in denen bei sozialen Medien bewusst Fake News gestreut werden, brauchen wir Reisende, die die Welt mit eigenen Augen sehen. Damit meine ich nicht Urlauber, die mal schnell für eine Woche in die Sonne jetten. Reisende sind für mich Menschen, die sich länger und nachhaltiger im Ausland aufhalten, vielleicht sogar dort arbeiten, Existenzen und Beziehungen aufbauen.

Denn Menschen, die sich Zeit und Geld nehmen können, um zu reisen, bringen vielleicht ein wichtiges Gut zurück in ihre alte Heimat – ein globales Verständnis und Toleranz. Sie haben die Chance, zu verstehen, warum Menschen auf dieser Welt unterschiedlich denken, dass Gesellschaften anders sein, aber trotzdem funktionieren können. Damit wir uns richtig verstehen: Sicher können auch Menschen, die nicht ins Ausland reisen, ähnlich tolerant sein. Aber ich glaube, dass es schwieriger ist, die Perspektive zu ändern, wenn man sein bekanntes Umfeld nie verlässt.
Fliegen ist ein Privileg
Mir ist bewusst, dass Fliegen auf vielen Ebenen ein Privileg ist. Nicht jeder kann es sich leisten, mal eben einen Langstreckenflug nach Nicaragua zu buchen. Und es geht nicht nur ums liebe Geld. Als ich das erste Mal mit gleichaltrigen Libanesen übers Fliegen ins Gespräch kam, war ich überrascht. Die meisten sind nämlich noch nie geflogen. Warum? Mit ihren Pässen können sie ohne Visum momentan in lediglich Unsere Pässe im Ranking (englisch, 2019) 16 Länder einreisen.

Zum Vergleich: Ich könnte mit meinem weinroten Superpass in 127 Ländern visumfrei Erfahrungen sammeln. Wenn ein Libanese nach Deutschland fliegen will, braucht er erst einmal ein Kilo an Formularen und Nachweisen plus viel Wartezeit. Und selbst dann stehen die Chancen noch schlecht, ein Visum ausgestellt zu bekommen.
Was würde passieren, wenn sie und viele andere dasselbe Recht auf Fliegen hätten? Wäre unsere Welt eine friedlichere und fairere? Ich würde sagen: ja.
Das Recht auf Fliegen
von Juliane Metzker
Wir steigen, drehen uns fast überkopf und fallen. Unter uns wirbeln Felder und Wälder. Ich lache. Aus Angst. Ich bin 21 Jahre alt und frage mich gerade ernsthaft, ob es das schon gewesen ist mit meinem Leben. Ich wollte nie fliegen. Niemals. Jetzt summt vor mir der Propeller einer kleinen Cessna. Mein Kommilitone hat mich eingeladen, von Hamburg nach Sankt Peter-Ording ans Meer zu fliegen. Stunts inklusive.
Die Cessna sollte mich auch auf meine erste große Flugreise nach Damaskus vorbereiten. Auslandsaufenthalte gehörten zu meinem Studium der Islamwissenschaft dazu. 10 Jahre ist mein erstes Mal jetzt her. Seitdem bin ich 1–3 Mal pro Jahr geflogen, vor allem in arabische Länder. Und neben meiner Flugangst, die Grund genug wäre, nie wieder Fuß in diese Höllenmaschinen zu setzen, schleichen sich zunehmend ökologische Bedenken ein. Klar, 84% aller Flüge innerhalb Deutschlands sind Nonsens. David Ehl erklärt, warum Inlandsflüge sind (fast) kompletter Nonsens. Warum Züge unsere Zukunft sind, weiß Felix Austen Da warte ich lieber auf die Bahn.
Aber auf Fernreisen im Flieger würde ich niemals komplett verzichten. Mehr noch: Ich glaube, wenn wir das Fliegen lassen, werden wir noch unsicherer gegenüber anderen Kulturen und Menschen, Gehst du sinnvoll mit deiner Unsicherheit um? als wir es ohnehin schon sind. Und das will ich nicht riskieren.
Austausch beflügelt
In Kommentaren gegen das Fliegen lese ich immer nur über Wie in diesem Artikel in der Berliner Zeitung (2018) Malle-Urlauber, Städtetripper in Billig-Airlines und In Barcelona, Berlin und Amsterdam brennt es. Bist du Teil des Erregers – oder Heilmittel im Organismus Stadt? All-Inclusive-Touris, die sich über Weihnachten mal kurz nach Thailand absetzen. Mit diesen Stereotypen im Kopf ist es ein Leichtes, gegen Flugreisende als SZ-Journalistin Catherine Hoffmann kommentiert: »Eine Flugreise ist ökologisch so ziemlich das schlimmste Verbrechen […]« (2018) ökologische Verbrecher Stimmung zu machen. Die guten Gründe für Fernreisen, vor allem mit Ziel außerhalb Katharina Wiegmann hat ihre Komfortzone verlassen und ist in den Iran gereist – und hat dort ordentlich mit ihren Stereotypen aufgeräumt der eigenen Komfortzone, werden ausgeblendet.
»Muslim Ban«, Mauerbau zu Mexiko – wer sich schon an Trump gewöhnt hatte, sollte dringend noch einmal David Ehls Text über die Versprechen des US-Präsidenten zum Anfang seiner Amtszeit durchlesen Doch gerade in Zeiten von Donald Trump, der Feindbilder von Migranten, im Speziellen Muslimen, befeuert, und in Zeiten, in denen bei sozialen Medien bewusst Fake News gestreut werden, brauchen wir Reisende, die die Welt mit eigenen Augen sehen. Damit meine ich nicht Urlauber, die mal schnell für eine Woche in die Sonne jetten. Reisende sind für mich Menschen, die sich länger und nachhaltiger im Ausland aufhalten, vielleicht sogar dort arbeiten, Existenzen und Beziehungen aufbauen.

Denn Menschen, die sich Zeit und Geld nehmen können, um zu reisen, bringen vielleicht ein wichtiges Gut zurück in ihre alte Heimat – ein globales Verständnis und Toleranz. Sie haben die Chance, zu verstehen, warum Menschen auf dieser Welt unterschiedlich denken, dass Gesellschaften anders sein, aber trotzdem funktionieren können. Damit wir uns richtig verstehen: Sicher können auch Menschen, die nicht ins Ausland reisen, ähnlich tolerant sein. Aber ich glaube, dass es schwieriger ist, die Perspektive zu ändern, wenn man sein bekanntes Umfeld nie verlässt.
Fliegen ist ein Privileg
Mir ist bewusst, dass Fliegen auf vielen Ebenen ein Privileg ist. Nicht jeder kann es sich leisten, mal eben einen Langstreckenflug nach Nicaragua zu buchen. Und es geht nicht nur ums liebe Geld. Als ich das erste Mal mit gleichaltrigen Libanesen übers Fliegen ins Gespräch kam, war ich überrascht. Die meisten sind nämlich noch nie geflogen. Warum? Mit ihren Pässen können sie ohne Visum momentan in lediglich Unsere Pässe im Ranking (englisch, 2019) 16 Länder einreisen.

Zum Vergleich: Ich könnte mit meinem weinroten Superpass in 127 Ländern visumfrei Erfahrungen sammeln. Wenn ein Libanese nach Deutschland fliegen will, braucht er erst einmal ein Kilo an Formularen und Nachweisen plus viel Wartezeit. Und selbst dann stehen die Chancen noch schlecht, ein Visum ausgestellt zu bekommen.
Was würde passieren, wenn sie und viele andere dasselbe Recht auf Fliegen hätten? Wäre unsere Welt eine friedlichere und fairere? Ich würde sagen: ja.
Fliegen ist Luxus
von Katharina Ehmann
Zuerst ein Geständnis: Ich habe viele Flugmeilen auf meinem Konto. Damit befinde ich mich für meine Argumentation in einer bequemen Position. Selbst wenn ich tatsächlich nie wieder eine Flugreise buche – ich habe die damit verbundenen Erfahrungen immerhin schon gemacht.
Beim Gedanken, was mir noch entgehen könnte, wenn ich nie wieder fliege, rutscht mir das Herz in die Hose. Ich werde unruhig, allein die Überlegung, kaum oder überhaupt nicht mehr zu fliegen, kommt mir gewagt vor. Ich habe Angst, etwas zu verpassen. Dabei geht es mir weniger um Likes für meine Urlaubsbilder auf Instagram als um meine Weiterentwicklung.
Was fehlt mir, wenn ich niemals durch Südamerika reise? Ist mein Blick auf die Welt ein anderer, wenn ich nie mehr in ein Flugzeug steige?
Aber es geht Ein Brief an die zukünftige Generation: »Urlaub war uns wichtiger als eure Zukunft, sorry« (2017) nicht nur um mich: Wenn ich es ernst damit meine, meinen ökologischen Fußabdruck zu verkleinern, muss mein Blick über den eigenen Maren Urner serviert dir das Menü zur Weltrettung Tellerrand hinausgehen. Ich muss ein Stück Freiheit aufgeben.
Und ja, der Verzicht aufs Fliegen wird »Der Spiegel« betont, wie wichtig die großen Posten Wohnfläche, Dämmstandard, Fernreisen und Auto für den Klimaschutz sind (2018) sicher schmerzen.
Bedeutet Fliegen, frei zu sein?
Denn weniger zu fliegen verlangt uns etwas scheinbar Unmögliches ab: Freiheit aufzugeben. Flugreisen machen es möglich, Grenzen zu sprengen. Die Grenzen meiner eigenen Muskelkraft, indem ich Orte erreiche, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unerreichbar wären. Und auch die Grenzen meiner Zeit, indem ich Ziele schneller erreiche als mit dem Auto oder dem Zug. Meine Existenz, ein winziger Punkt auf der Weltkarte, dehnt sich per Himmelsroute über den ganzen Globus.
– Alligatoah, deutscher Rapper, in »Wie Zuhause«
Ich Hier findest du das Musikvideo zu »Wie Zuhause« von Alligatoah (2018) fliege, um die Welt zu entdecken – aber vor allem, um mich in dieser schönen, fremden Welt kennenzulernen: Wer bin ich auf einem anderen Kontinent, herausgerissen aus meinem Alltag, umgeben von fremden Gerüchen und Klängen, einem anderen Klima, inmitten von Menschen, die ich nicht verstehe? Hinter Fernreisen steckt immer eine Hoffnung: Aufregendes erleben, an der Fremde wachsen, Toleranz üben, Studien legen nahe, dass Reisen (bzw. längere Auslandsaufenthalte) sich positiv auf die Persönlichkeit auswirken (englisch, 2013) Vorurteile verwerfen. Rauskommen aus dem Einheitsbrei des Alltags.
– Alligatoah
Die Flugreise ist das Symbol westlicher Freiheit und einer Kultur der Selbstverwirklichung. Ich glaube, es ist zu viel Freiheit.
Denn am Ende schränkt meine Möglichkeit, mich reisend »weiterzuentwickeln«, die Freiheit anderer ein. Mein Auf dieser Website kannst du den ökologischen Fußabdruck (und die Biokapazität) pro Kopf für verschiedene Länder vergleichen (2018) als der einer Inderin. Bei der CO2-Bilanz sieht es nicht besser aus. Der Hin- und Rückflug Köln–Lissabon pustet (nur!) für mich etwa 831 Kilogramm Für alle Berechnungen haben Juliane und ich den CO2-Fußabdruck-Rechner von atmosfair genutzt CO2 in die Luft. Das klimaverträgliche Jahresbudget Hier kannst du nachlesen, wie das klimafreundliche Jahresbudget errechnet werden kann liegt bei 2,3 Tonnen. Das wird schon mehr als eng. Fliege ich von Köln nach Montreal und zurück, sprenge ich mit 2.648 Kilogramm CO2 mein Jahresbudget allein mit diesem Flug.
ist als Durchschnitts-Deutsche unverschämte 5-mal höher
Schaue ich ehrlich in die Welt, muss ich mir eingestehen:
Ein Luxus, den wir uns so nicht mehr leisten können. Es müssen neue Spielregeln her. Und ein neues Verständnis von »Urlaub«.
– Alligatoah
Oh, wie schön ist die Nachbarschaft!
Trotzdem sollten wir weiterreisen. Nur eben anders. Die Reise per Flugzeug in weite Ferne sollte nicht mehr die Standard-Option sein.
Mitten in der ökologischen Debatte um Flugreisen ist der Spruch »Das Gute liegt so nah« und Janoschs Geschichte »Oh, wie schön ist Panama« als Zeichentrickvideo (2015) »Oh, wie schön ist Panama« aktueller denn je.
Ja, Zug- und Autofahrten »klauen« uns wertvolle Urlaubszeit, die wir so schnell wie möglich am Zielort verbringen wollen. Aber vielleicht bekommen wir dadurch ein anderes Gefühl für Zeit und Raum. Der Weg wird wieder zum Ziel, wenn ich die sich verändernde Landschaft an mir vorbeiziehen sehe und auf dem Weg nach Krakau einen Zwischenstopp in Leipzig und Breslau einlege.

Bei einer Fahrradtour durch Frankreich wachse ich daran, dass ich Wind, Wetter und meiner eigenen Kraft ausgeliefert bin. In Polen muss ich Sprachbarrieren überwinden, die Extremadura Spaniens zeigt mir den Sternenhimmel ohne Lichtsmog. In Dänemark kann ich auf einer ökologischen Farm mit anpacken, in der Sächsischen Schweiz Gipfel erklimmen. Das Gute liegt nah – oder zumindest näher als gedacht.
Mit Illustrationen von Adrian Szymanski für Perspective Daily
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