Die GroKo verspricht Familien ein Milliardengeschenk. Das ist eine Mogelpackung
Baukindergeld und Familienentlastungsgesetz helfen nur den Reichen. So kann die Bundesregierung Kindern wirklich eine Freude machen.
»Wir werden alle Familien finanziell entlasten«, versprechen CDU/CSU und SPD in ihrem
»Na also, wurde aber auch mal Zeit!«, will es einem beim Lesen dieser Zeilen entfahren. Endlich sorgt die Regierung dafür, dass Kinder gefördert werden und ihre Eltern es finanziell nicht mehr so schwer haben. Das darf dann auch ruhig was kosten!
»Eine sozial gerechte Finanzpolitik stärkt den Zusammenhalt und
Soziale Gerechtigkeit kann nur mit fairer Finanzpolitik gelingen.
Doch nur 2 Monate später folgt die Ernüchterung: Eine sozialdemokratische Handschrift lässt sich bisher weder bei der Familien- noch bei der Finanzpolitik erkennen. Vielmehr erleben wir milliardenschwere Steuergeschenke, die dem Begriff Etikettenschwindel alle Ehre machen.
Denn unter dem Deckmantel der »Familienentlastung« wird nicht in künftige Generationen investiert, sondern der Status quo zementiert. Bei genauerem Hinsehen bleibt von den Wohltaten nur eines: Klientelpolitik für Besserverdiener.
Ist Familienentlastung gerecht?
Wenn es um Familien und Kinder geht, will die Bundesregierung nicht kleinlich erscheinen. Und das ist auch dringend notwendig, denn die traurige Realität ist: Kinder sind in Deutschland ein Armutsrisiko.
2 von 3 Alleinerziehenden sind von Armut bedroht.
Hierzulande leben ungefähr 8,2 Millionen Familien, das macht unterm Strich 22,2
Ernüchternd? Definitiv. Das ist jedoch leider nur die Spitze des
Ihr Armutsrisiko liegt
Also: Familien unterstützen! Im Juni hat die Bundesregierung deshalb das Familienentlastungsgesetz und das Baukindergeld mit dem stolzen Volumen von 40 Milliarden Euro bis zum Jahr 2021
Nur leider sind die beiden Maßnahmen nicht bedarfsgerecht.
Mehr Kindergeld für Leute mit genug Geld
Pauschal mehr Unterstützung vom Staat für jedes Kind, für jeden gleich – das mag erst mal gerecht klingen. Was jedoch viele nicht wissen: Mehr Kindergeld und die Erhöhung des Kinderfreibetrags bringt von Armut betroffenen Menschen … nichts. Denn von den jährlich 7,6 Milliarden Euro für diese Maßnahme sehen Kinder in armen Familien keinen Cent.
Um von einer Erhöhung des Freibetrags bei der Einkommensteuer zu profitieren, braucht man erst einmal ein Einkommen. Hat man keines oder zu wenig, muss man von Hartz IV leben – von dem das Kindergeld abgezogen wird.
Die aktuelle Finanzpolitik lässt die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinandergehen.
Nicht nur die Ärmsten schauen in die Röhre: Gutverdiener profitieren zudem mehr von den höheren Freibeträgen als Haushalte mit
Statt sozialen Zusammenhalt zu fördern, reißt die Bundesregierung die Schere also weiter auf und fördert soziale Spaltung.
Die Alternative: Gute Kindertagesstätten für alle
Nach wie vor fehlen
Dabei würden von gut ausgestatteten Kitas alle profitieren – vor allem diejenigen, die mangels ausreichender Betreuung in Teilzeit arbeiten und gern draufsatteln würden. Aber auch für die Integration spielen Kitas eine immense Rolle: Besonders zugewanderte Kinder haben es in der Schule wesentlich leichter, wenn sie
Finger weg vom Solidaritätszuschlag!
Auch der
Also irgendwie gut für alle, dann eben auch für Familien. Nur wer mehr als 60.000 Euro im Jahr verdient, ist vorerst ausgenommen. So könnte sich der »Soli« zu einer »Reichensteuer light« entwickeln.
Von 40 Cent mehr im Monat kann sich niemand etwas kaufen.
Wurde hier also genauer hingesehen? Nicht ganz. Denn während ein IT-Projektleiter mit 4.500 Euro brutto von seinen 30 Euro mehr im Portemonnaie immerhin einmal mit seiner Frau in einem besseren Imbiss Essen gehen kann, ist bei der Floristin mit knapp 1.500 Euro Mindestlohn schmale Kost angesagt: Sie kann für ihre 40 Cent nicht einmal einen ganzen Laib Buttertoast bekommen.
Menschen in dieser Einkommensklasse haben also genauso wenig wie vorher – von Aufstockern und Hartz-IV-Empfängern ganz zu schweigen. Umgekehrt gilt: Wird der Soli irgendwann doch restlos gestrichen – wie es zum Beispiel die FDP oder die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft
Die Alternative: Bestehende Steuergeschenke abbauen
Häufig wird beklagt, Deutschland besteuere die oberen Einkommensklassen sehr hoch. Dabei pflegen wir hierzulande einzigartige Steuernachlässe, die der Fiskus bei der Steuererklärung großzügig auslegt: Doppelte Haushaltsführung, Spenden, Mitgliedsbeiträge, Schulgeld
Ein Gespenst geht um: Kalte Progression
Gleiches gilt im Kern für die
Das heißt nicht, dass es keinen grundsätzlichen Reformbedarf im Steuersystem gibt. Wenn man es aber ernst damit meint, dann doch bitte nicht unter dem Label Familienentlastungsgesetz.
Wenn schon Steuerreform, dann sozial gerecht.
Die Alternative: Mehrwert- statt Einkommensteuer angehen
Als Faustregel gilt: Je weniger Geld ein Haushalt zur Verfügung hat, desto größer ist der Anteil der Ausgaben für Konsum wie Lebensmittel, Bus und Kino. Deswegen belastet die
Wohnungsnot bekämpfen mit Baukindergeld?
Eine 2-Zimmer-Wohnung für 900 Euro
Wir brauchen nicht mehr Eigenheime, sondern bezahlbaren Wohnraum.
Leider hat der Bund das nötige Kleingeld dafür jedoch nicht mehr übrig, da er mit dem Baukindergeld lieber Eigenheime fördert, die die Preisspirale noch weiter zum Rotieren bringen werden. Durch den
Dass Geringverdiener und Eigenheim nicht zusammenpassen, bedarf wohl keiner weiteren Erklärung. Aber auch die Mittelschicht hat nichts von dieser unsozialen Fehlkonstruktion, da Kaufinteressierte meist an den anfänglichen, hohen
Hier gibt es gleich mehrere Alternativen:
- Sozialwohnungen in Ballungsräumen aus zweckgebundenen Mitteln: Geld für bezahlbares Wohnen muss da ankommen, wo es gebraucht wird – und dann auch verlässlich für diesen Zweck eingesetzt werden. Denn ein Grund für die Misere ist, dass die zuständigen Bundesländer das für Sozialwohnungen veranschlagte Geld nutzen, um Löcher in
Warum werden soziale Themen nicht so ausführlich diskutiert wie die Migrationspolitik?
- Eine Mietpreisbremse, die funktioniert: Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, legte Bundesjustizministerin Katarina Barley im Juni einen Entwurf für eine verschärfte Mietpreisbremse vor. Dieser sieht unter anderem vor, dass nur noch ein geringerer Teil von Modernisierungskosten auf die Mieter abgewälzt werden darf. Das geht der Union zu weit: Sie lehnte den
- Mitnahmeeffekt ausschließen: Potenziellen Bauherren aus der Mittelschicht wäre wesentlich mehr damit geholfen, wenn Baunebenkosten wie die Grunderwerbsteuer oder hohe Maklergebühren gesenkt werden würden. So könnten mehr Mittelständler die anfängliche finanzielle Hürde überspringen, anstatt dass Besserverdienern der Wintergarten finanziert wird.
»Kinderarmut in einem reichen Land wie Deutschland ist eine Schande, und wir müssen sie mit aller Kraft bekämpfen«, gelobte Kanzlerin Merkel im März in ihrer Regierungserklärung vor dem Bundestag.
Obwohl es an sozialverträglichen Alternativen nicht mangelt, ist seitdem noch nicht viel unternommen worden. Ein erster Schritt wäre es doch, sozialen Themen eine mindestens ebenso große Bühne zu geben wie dem Thema Migration.
Mit Illustrationen von Tobias Kaiser für Perspective Daily