Diese Heizung kannst du guten Gewissens voll aufdrehen
Denn sie nimmt die Wärme einfach aus der Luft. Auch im Winter.
Stelle dir vor, du sitzt in einem Boot auf einem großen, klaren Bergsee, das Wasser ist kristallklar. Du hast Durst und willst einen Schluck trinken. Du hast 2 Optionen:
- Du kannst ans andere Ende des Sees rudern, aussteigen und völlig verschwitzt und außer Puste in einer Gaststätte ein Glas Mineralwasser bestellen.
- Oder du tauchst einfach deine beiden Hände ins kühle Nass und nimmst einen großen Schluck.
Warum einen riesigen Aufwand betreiben, um etwas herbeizuschaffen, das in unmittelbarer Umgebung im Überfluss vorhanden ist?
Genau das tun wir jetzt im Herbst, wenn morgens der erste Frost auf den letzten Blättern liegt und wir die Heizung wieder andrehen. Um Wärme in unsere Zimmer zu bringen, schaffen wir mit gigantischem Aufwand Energie in Form von Kohle, Öl oder Gas aus den letzten Ecken des Planeten heran – und heizen dabei auch das Klima mit.
Und das, obwohl wir regelrecht in einem See aus Wärme schwimmen, an dem wir uns einfach bedienen können. Ob im Boden unter unseren Füßen oder in der Luft, die wir atmen: Wärme ist überall. Und zwar nicht nur im Sommer, sondern sogar im tiefsten Winter bei −20 Grad Celsius. Denn leer ist der See aus Wärme erst, wenn der absolute Nullpunkt erreicht ist: Bei
Was wir brauchen, ist eine Wundermaschine, die die Wärme von außen nach innen schafft. Und die ist nicht nur längst erfunden, wir nutzen sie sogar schon täglich. Allerdings für einen anderen Zweck.
Die Wundermaschine Wärmepumpe
Eine kurze Bestandsaufnahme: Was wir brauchen, ist eine Maschine, die die Wärme, die draußen herumwabert, noch ein klein wenig
Genau das leistet die Wärmepumpe. In den meisten Haushalten steht sie Die Wärmepumpe macht den See aus Wärme, in dem wir schwimmen, nutzbar.
Denn der macht auch nichts anderes, als Wärme von einem Ort an den anderen zu verschieben. Wenn du einen 20 Grad Celsius warmen Tofu reinlegst, zieht der Kühlschrank so lange Wärme aus dem Klumpen heraus, bis der Tofu auf 7 Grad Celsius abgekühlt ist. Die Wärme gibt er auf der Rückseite wieder ab, wo jeder Kühlschrank warm wird.
Das Besondere an der Wärmepumpe ist nicht, dass die Wärme von einem wärmeren Ort an einen kühleren fließt. Dafür sorgt die Natur schon selbst, etwa wenn du im Winter das Fenster öffnest und die Heizungsluft nach draußen strömt. Die Leistung der Wärmepumpe ist es vielmehr, Wärme an einem kühleren Ort wegzunehmen und sie an einem ohnehin wärmeren Ort noch obendrauf zu packen. Dem Tofu die letzten Grade zu entreißen, obwohl er schon ziemlich kalt ist, und sie auf die Lamellen auf der Rückseite des Kühlschranks draufzupacken, obwohl diese schon 35 Grad Celsius warm sind. So macht sie den See aus Wärme, in dem wir schwimmen, nutzbar.
Wenn du jetzt weiterliest, erfährst du genau, wie die Wundermaschine tickt. Oder hast du keine Lust auf die physikalischen Details und willst sofort wissen, warum die Wärmepumpe ein wichtiges Puzzlestück im Kampf gegen den Klimawandel ist? Dann klicke
hier!
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So trickst die Pumpe die Naturgesetze aus
Um zu verstehen, wie die Wärmepumpe funktioniert, müssen wir ein wenig tiefer in die Physik eintauchen und uns an ein paar Grundgesetze erinnern:
- Energie hat viele Gesichter, eines davon ist Wärme. Andere Energieformen sind zum Beispiel chemische Energie, wie sie in Batterien oder Benzin gespeichert ist, oder elektrische Energie, Strom. Man kann Energie von einer in die andere Form wandeln, bei der Wandlung geht jedoch immer ein wenig
- Die Natur ist eigentlich um Ausgleich bemüht: Sind 2 Gegenstände oder Massekörper unterschiedlich warm und haben
- Wenn man eine Flüssigkeit erwärmt, verdampft sie an einem bestimmten Punkt, Wasser zum Beispiel bei 100 Grad Celsius. Das ist der Siedepunkt. Bei der Erwärmung bis zu diesem Punkt nimmt das Wasser immer mehr Energie auf, die in Wärme gewandelt wird. Wenn es die 100 Grad Celsius erreicht, wechselt es vom flüssigen in den gasförmigen Zustand. Für diesen Wechsel braucht das Wasser nochmals zusätzlich Energie, die allein für das »Abheben« der Wasserteilchen gebraucht wird. 1 Kilogramm 100 Grad Celsius heißer Wasserdampf hat also mehr Energie als 1 Kilogramm 100 Grad Celsius heißes Wasser. Dieser Energieunterschied heißt latente Wärme – obwohl sie streng genommen keinen Temperaturunterschied ausmacht.
- Die Temperatur, bei der eine Flüssigkeit verdampft und die latente Wärme in sich aufnimmt, also der Siedepunkt, hängt vom Druck ab, der herrscht. Der liegt auf Meereshöhe bei etwa einem Bar. Je niedriger der Druck ist, desto niedriger liegt aber auch der Siedepunkt. Deshalb kocht Wasser auf dem Gipfel des Mount Everest, wo der
Mit diesem Wissen können wir uns die Wärmepumpe genauer ansehen und Schritt für Schritt nachvollziehen, wie eine speziell gemischte Flüssigkeit, das sogenannte Kältemittel, die Wärme aus der Umgebung aufnimmt und im Innern wieder freisetzt:
- Bei niedrigem Druck, also ziemlich entspannt, umfließt das Kältemittel in der Wärmepumpe ein Rohr des äußeren Kreislaufs, das die Temperatur der
- Dieses energiereiche Gas fließt jetzt mit der latenten Wärme im Gepäck in den Verdichter. Dieser ist im Prinzip ein Kompressor, das heißt, er setzt das Gas unter Druck. Mit dem Druck steigt, wie wir wissen, auch der Siedepunkt.
- Jetzt strömt das Gas um ein Rohr des Heizkreislaufes, durch das das Heizungswasser fließt. Dieses Rohr ist zwar wesentlich wärmer als die Außentemperatur – aber immer noch kühler als der Siedepunkt des unter Druck stehenden Gases. Deshalb kondensiert das Kältemittel am Rohr, die Gasteilchen setzen sich also ab und werden wieder flüssig. Dabei geben sie ihr Paket, die latente Wärme, wieder ab – und wärmen damit den Heizkreislauf. Die in Schritt 1 aus der Umgebung aufgenommene Wärme ist also in die Heizung gewandert.
- Nun muss der Pumpenkreislauf nur noch geschlossen werden: Dafür wird dem jetzt wieder flüssigen Kältemittel mehr Platz gegeben. Ganz entspannt fließt es zurück zu Schritt 1, der Kreislauf ist geschlossen – und das Ganze kann von vorn beginnen.
Ganz wichtig: Das einzige Element der Wärmepumpe, das Strom verbraucht, ist der Verdichter. Er besorgt nur den Transport der Wärme, die schon vor der Türe ist.
Die Wärmepumpe – der Tesla unter den Heizungen?
Für hippe, wohlhabende Kalifornier mit grünem Gewissen gehört es heute zum guten Ton,
Zur Erinnerung: Fast
Bei der Mobilität sehen die Zahlen im Moment zwar noch schlechter aus. Das hat aber auch damit zu tun, dass beim Heizen traditionell Biomasse eine größere Rolle spielt, also Holz und Biogas. Entscheidend ist, dass sich weder bei der Mobilität noch bei der Wärme groß etwas geändert hat in den letzten Jahren. Und in der Debatte um Elektroautos ist im Gegensatz zur Wärmepumpe ordentlich Dampf – auch weil
Dabei kann die Wärmepumpe für die Wärmewende dieselbe Rolle spielen wie das E-Auto für die Verkehrswende.
- Keine direkten Emissionen: Wärmepumpen brauchen weder Öl noch andere schmutzige Energieträger. Sie setzen Energie so um,
- Wirkungsgrad: Eine Wärmepumpe setzt die Energie extrem effizient ein, ganz ähnlich wie ein E-Auto. Das wandelt weit über 90% des Stroms in Bewegung um, während ein Verbrenner den Großteil der Energie als Wärme aus dem Auspuff bläst. Die Wärmepumpe ist noch effektiver:
Mehr Wärmepumpen für ein besseres (Raum-)Klima
Wärmepumpen können ein wichtiger Teil der Lösung sein, wenn Deutschland seine Klimaschutzziele bis zum Jahr 2030 noch erreichen will. Zu diesem Ergebnis kommt die
Ihr Ergebnis: Im idealen Szenario muss die Zahl der Wärmepumpen in Deutschland von aktuell rund 70.000 Stück bis 2030 auf rund
Woran es hakt und was jetzt hilft
Dass die Wärmepumpe noch nicht weiter verbreitet ist und das auch künftig nicht ganz so schnell gehen könnte, hat Gründe. Was den Ausbau bisher hemmt und wie es weiter vorangeht:
- Wärmedämmung hilft: Wärmepumpen funktionieren dann am besten, wenn der Temperaturunterschied zwischen dem äußeren und inneren Kreislauf möglichst gering ist. Das ist vor allem bei gut isolierten Häusern der Fall, weil die Heizung hier nicht so heiß werden muss, um den Raum zu erwärmen. Deshalb lohnt sich der Einbau bei älteren Gebäuden oft nur, wenn die Außenwände gleichzeitig wärmegedämmt werden. Die Dämmung ist aber nicht günstig, nicht immer möglich – und ästhetisch nicht immer erwünscht. Für den Klimaschutz führt aber kaum ein Weg daran vorbei, da sich so viel Energie einsparen lässt.
- Neubauten sind im Vorteil: Neubauten sind in der Regel nach modernen Energiestandards gebaut, gut isoliert und eignen sich deshalb für den Einsatz von Wärmepumpen. Und es gibt noch einen Grund, warum die Technik hier öfter zum Einsatz kommen kann: Beim Hausbau stehen die Bagger ohnehin vor der Tür, es lohnt sich also eher, als Wärmequelle das Erdreich zu verwenden und Rohre unter der Erde zu verlegen. Das ist aufwendiger und
- Heizungen werden alt: Die Sanierungsrate von Heizungen in Deutschland liegt bei
- Heizungsmarkt ist konservativ: Viele Hausbesitzer wissen nichts von Wärmepumpen, wenn sie ihre Heizung austauschen wollen. Das ist nicht weiter schlimm, das Problem ist aber, dass auch nicht alle Heizungsinstallateure gut über die Technik Bescheid wissen. Dann wird im Zweifel lieber zu einem altbekannten Gaskessel gegriffen, anstatt die neuere, komplexere Wärmepumpe in Betracht zu ziehen. Es braucht also auch Aufklärung auf allen Seiten. Helfen könnte dabei, dass
So hoch die deutschen Ambitionen im Klimaschutz auch sein mögen, die Wärmewende hat das Land bisher verschlafen. Dabei schwimmen wir in einem See aus kostenloser, klimaneutraler Wärme. Zeit, uns daran zu bedienen.
Dieser Beitrag ist Teil des Projekts »Die Lösungen liegen in Deutschland«. Darin stellen die »Global Ideas« der Deutschen Welle und Perspective Daily im Vorlauf zur 23. Klimakonferenz im November 2017 in Bonn gemeinsam in 3 Etappen Lösungen zur Bewältigung des Klimawandels vor.
Etappe 1: »Wärmewende in Deutschland – Diese Heizung kannst du guten Gewissens voll aufdrehen« auf Perspective Daily sowie »Smart Solutions – Intelligente Technik treibt die Energiewende in Deutschland voran« bei Global Ideas.
Etappe 2: »Grüne Start-up-Szene – Diese deutschen Start-ups machen unser Leben einfacher« auf Perspective Daily sowie »Geo-Engineering – Ist es eine gute Idee, das Klima zu manipulieren?« bei Global Ideas.
Etappe 3: »Vegane Ersatzprodukte – Wir schlachten 5 Mythen über falsches Fleisch« auf Perspective Daily sowie »Sojaanbau in Deutschland – Darum bekommen wir die Sojabohne in Deutschland künftig öfter zu Gesicht« bei Global Ideas.
Mit Illustrationen von Isabell Altmaier für Perspective Daily