So macht künstliche Intelligenz unsere Welt besser
Google, Facebook und Co. scheffeln mit unseren Daten Milliarden. Dabei kann künstliche Intelligenz viel mehr – zum Beispiel alle satt machen.
In meinem Studium zu künstlicher Intelligenz habe ich nicht so sehr gelernt, wie mächtig Computer sind. Vor allem habe ich gelernt, dass viele Dinge, die Menschen tun, viel weniger komplex sind, als wir glauben.
Das Problem ist nicht die künstliche Intelligenz selbst, sondern die Fragen, die ihr gestellt werden.
»Wie können wir schneller wachsen?«, »Wie können wir mehr Profit machen?«
Wie sehen die Ergebnisse aus, wenn wir stattdessen fragen:
Was Werbung und Weltretten verbindet
Daten sammeln, Muster erkennen und Vorhersagen treffen. Das sind die 3 Schritte, die es Google, Facebook und Co. ermöglichen, Zusammenhänge im Verhalten und den Interessen von Menschen zu erkennen. Dieselben 3 Schritte können aber auch dabei helfen, andere Systeme zu verstehen: soziale Strukturen, Versorgungsketten oder Ökosysteme. Fangen wir also mit ein wenig Theorie an:
Schritt 1: Daten sammeln
Rohdaten allein liefern aber noch keine Erkenntnisse – dabei hilft der nächste Schritt.
Schritt 2: Muster erkennen
Die Mengen an Rohdaten – auch
Eine künstliche Intelligenz findet auch Zusammenhänge, die sich dem Menschen nicht erschließen.
Gegenüber Menschen haben sie einen entscheidenden Vorteil: Wir leiten uns Zusammenhänge meist anhand von nur 2 Faktoren und wenigen Beobachtungen her. Vielleicht beobachten wir im Sommerurlaub ein paarmal Italiener, die lautstark über Spaghetti oder Risotto sprechen und schlussfolgern: »Italiener reden gern über Essen.« Oder wir begegnen auf dem Wochenendausflug nach Rotterdam trotz strömenden Regens einer Handvoll Fahrradfahrer und denken: »Niederländer fahren viel Fahrrad.« Die Ergebnisse unserer Alltagsstatistiken sind zwangsläufig ein stark vereinfachtes Bild der Wirklichkeit.
Eine künstliche Intelligenz kann dagegen innerhalb von kürzester Zeit Datensätze von Millionen von Beobachtungen auswerten und dabei zahlreiche Faktoren berücksichtigen, die miteinander im Zusammenhang stehen. Dabei findet sie logischerweise auch Zusammenhänge, die sich uns nicht erschließen. Warum das nützlich sein kann, zeigt der letzte Schritt.
Schritt 3: Vorhersagen treffen
Sind die Muster erkannt, können dem Programm präzise Fragen gestellt werden. Zum Beispiel: Welche Nutzer schwärmen für Katy Perry? Wer sind potenzielle Kunden für die neue Schwulenbar? Wen überzeugt das Bildungsprogramm der Grünen? Als Antwort spuckt das Programm eine Vorhersage aus. Zum Beispiel: »Männer mittleren Alters mit vielen Facebook-Freunden, die gern World of Warcraft spielen, interessieren sich für Katy Perry«.
Solche Aussagen können sehr präzise sein, und doch sind sie reine Statistik, keine Hellseherei. Auch unsere politischen Einstellungen und sexuellen Neigungen sind nicht dem Zufall überlassen: Was uns interessiert, beeinflusst, welchen Links wir folgen, und was wir uns auf Youtube anschauen, lässt sich anhand von Daten vorhersagen.
»Künstliche Intelligenz ist keine Magie, sondern Mathematik!« – Jim Stolze, Gründer von AI For Good
Tech-Unternehmen wie Facebook gefällt das. Denn präzise Vorhersagen über menschliches Verhalten sind die eigentlichen Produkte, mit denen sie Geld verdienen. Werbekunden von Facebook und Google können so genau auswählen, welcher Zielgruppe sie ihre Werbebotschaften senden. Zur Einordnung: Facebook bezieht 97% seiner Einnahmen aus Werbung. Bei Alphabet, der Mutterfirma von
Doch genauso wie unser Verhalten vorhersehbar ist, sind auch andere Aspekte der Welt vorhersehbar: Statt mit deinen Klickprofilen kann künstliche Intelligenz ebenso mit Daten über das Klima, über die Verteilung von Geld oder über die Routen von Geflüchteten gefüttert werden. Auch darin kann sie
Datenanalyse trifft auf Aktivismus
Jake Porway ist Gründer des US-amerikanischen Start-ups Jake Porway bringt mit künstlicher Intelligenz Menschen zusammen, die sich normalerweise nicht begegnen würden.
um sich gemeinsam mit einem Problem zu beschäftigen, das eine gemeinnützige Organisation zu lösen versucht. Das Ziel dabei ist es, dass die Entwickler die Rohdaten zu anschaulichen Landkarten und Statistiken umwandeln, um so einen besseren Blick auf das Problem und potenzielle Lösungen zu bekommen.
Viele der freiwilligen Mitarbeiter des Projekts arbeiten eigentlich für renommierte Tech-Unternehmen, wo sie sich den typischen Anwendungen von Big Data widmen, sprich meist Werbung. Ihr Anreiz, bei DataKind mitzumachen, ist die Chance, ihre Fähigkeiten für einen guten Zweck einzusetzen anstatt bloß Klicks zu generieren.
Natürlich lassen sich viele Probleme nicht an einem Wochenende lösen. Die Treffen sind aber häufig der Beginn eines größeren Prozesses und setzen ein Umdenken innerhalb der wohltätigen Organisationen in Gang. Diese lernen, dass sie das Potenzial, das in ihren Daten schlummert, nutzen können, um ihre Arbeit zu verbessern.
Auch in Europa sammeln sich immer mehr junge Firmen und Initiativen, die Aktivismus und Datenanalysen verknüpfen. Dazu gehören diese 3:
- Vorbild DataKind: Der Mathematiker Daniel Kirsch hat in Berlin die Organisation
Einer unserer größten Erfolge war die Zusammenarbeit mit der Deutschen Krebsgesellschaft. Auf unsere Zusammenarbeit hin haben sie jemanden eingestellt, der sich um ihre Daten kümmert. Genau diese Art von Veränderung wollen wir bewirken.
- Studenten lösen Probleme: Unternehmer Jim Stolze verfolgt in Amsterdam mit der Plattform AI for Good
- Die UN geht die großen Themen an: Das Programm Global Pulse hat das bescheidene Ziel, die
Wir sehen Daten als eine Ressource. Sie sind beinahe überall vorhanden und endlos erneuerbar.
Das alles klingt vielversprechend, aber wie können so
Mit künstlicher Intelligenz für nachhaltige Landwirtschaft
Wie das ganz konkret aussehen kann, zeigt uns Tom, seines Zeichens leidenschaftlicher Umweltaktivist. In wohltätigen Projekten weltweit setzt er sich für Umweltaktivist Tom trifft auf Programmiererin Andrea. Mithilfe der KI entwickeln sie Lösungen.
Auf einem »Data Dive« trifft er auf Andrea, Programmiererin in einer Tech-Firma im Silicon Valley. Gemeinsam kombinieren sie Toms Fragestellungen und Andreas Erfahrungen mit »intelligenter« Datenanalyse, um Lösungsansätze zu entwickeln.
Beispiel 1: Rodung stoppen
Tom: »In Indonesien
Daten sammeln: Andrea und Tom machen sich auf die Suche nach Satellitendaten aus den letzten Jahrzehnten. Anhand dieser Daten finden sie heraus, wo in den letzten Jahren illegale Palmölplantagen entstanden sind.
Muster erkennen: Andrea kombiniert die Daten über Palmölplantagen mit Informationen der indonesischen Regierung, die anzeigen, welche Waldgebiete geschützt sind. Sie entwickelt ein Programm, das lernt, wie sich die Umgebung verändert, bevor eine illegale Plantage entsteht, etwa durch den Bau neuer Straßen im Dschungel.
Vorhersagen treffen: Das Programm kann nun vorhersagen, wo in Zukunft in geschützten Bereichen neue Plantagen entstehen könnten. Auf dieser Basis kann Toms Organisation die indonesische Regierung gezielt beraten: Welche Gesetze müssen umgesetzt werden, um illegale Brandrodung zu vermeiden und das Klima zu schützen?
Wer macht es möglich? Die Plattform Global Forest Watch
Beispiel 2: Weniger Pestizide
Tom:
Daten sammeln: Tom sammelt Daten von Landwirten weltweit über die Zusammensetzung von Feldern, die Beschaffenheit des Bodens und Krankheiten der Feldpflanzen.
Muster erkennen: Dann entwickelt Andrea ein Programm, das Muster in diesen Daten lernt. Welche Krankheiten entwickeln sich unter welchen Bedingungen?
Vorhersagen treffen: Mithilfe des Programms entwirft Andrea einen individuell zugeschnittenen Plan, auf welchem Feld ein Landwirt wie viel von welchen Pestiziden und Düngemitteln anwenden sollte, um optimale Ernten zu erzielen. Mit diesem Werkzeug an der Hand können Andrea und Tom zweierlei erreichen: Erstens belasten die Landwirte die Umwelt weniger durch zu viele oder
Wer macht es möglich? Die Gründer der Schweizer Firma Gamaya
Beispiel 3: Lebensmittel-Abfälle vermeiden
Tom:
Daten sammeln: Tom überzeugt eine Supermarkt-Filiale vor Ort, an einem Experiment teilzunehmen. Er verspricht, die Lebensmittelabfälle des Unternehmens zu reduzieren. Im Gegenzug erhält er die Verkaufsstatistiken des Marktes der letzten 3 Jahre.
Muster erkennen: Andrea entwirft mit den Daten ein Programm, das lernt, an welchen Tagen was gekauft wird. Die Ergebnisse werden davon beeinflusst, wie viel in der Vergangenheit gekauft wurde, aber auch von anderen Faktoren wie Wetter, Jahreszeit und den Angeboten der Konkurrenz.
Vorhersagen treffen: Das Programm erstellt wöchentliche Vorhersagen zum Konsum jedes einzelnen Produktes und der Filialleiter beginnt, seine Einkäufe an diese Prognosen anzupassen. Schnell erkennt er den Vorteil, der ihm dadurch entsteht, und andere Filialen übernehmen die Strategie, um ebenfalls besser zu planen und weniger wegschmeißen zu müssen. Das Programm, das ständig an neuen Daten lernt, trifft immer bessere und genauere Vorhersagen, sodass mit der Zeit immer weniger Produkte im Müll landen.
Wer macht es möglich? Die Firma FoodTracks im westfälischen Münster
Die Interaktion von Mensch und Maschine ist ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit. Wir setzen auf Kommunikation mit den Angestellten, anstatt ihnen einfach ein Computersystem vorzusetzen, das ihnen die Arbeit abnimmt.
Das volle Potenzial der KI heißt nicht, dass wir nichts mehr entscheiden
Vom Acker bis ins Ladenregal – Wir müssen lernen, Statistiken und Datenanalysen mehr zu vertrauen als alten Gewohnheiten und unserer Intuition.
alle Bereiche, in denen Menschen Entscheidungen treffen müssen, die auf komplexen Zusammenhängen basieren. Damit das im großen Stil funktioniert, müssen nur noch die Anwender – also wir –
Heißt das im Umkehrschluss, wir sollen Maschinen für uns entscheiden lassen? Keineswegs! Das Potenzial liegt in der Kombination aus menschlichen Ideen und Werten auf der einen und der Präzision von Daten auf der anderen Seite.
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